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US-Singer-Songwriter Leon Russell ist 74-jährig gestorben.

Foto: REUTERS/Lucas Jackson

Wien – Wie oft er ZZ Top zugerechnet wurde, ist nicht überliefert. Aushelfen hätte er den texanischen Boogierockern jederzeit können. Er sah nicht nur aus wie einer von ihnen, er spielte mehr Instrumente als sie alle zusammen. Lange Matte, langer Bart, und Shades nach Sonnenuntergang, das konnte Leon Russel schon lange. Nicht, dass er lichtscheu gewesen wäre, dennoch war er eher ein Mann im Hintergrund denn im Rampenlicht, all seinen knapp 40 Studio- und Livealben zum Trotz.

Der am 2. April 1942 in Oklahoma geborene Musiker und Songwriter mit einer vom vollen Leben gefärbten Stimme war vor allem Musikern ein Begriff. Russell schrieb unzählige Hits und arbeitete als Studiomusiker mit den Größten seiner Zeit, bevor er 1970 sein prominent unterstütztes Debütalbum veröffentlichte. Dessen Opener, A Song For You, soll von über hundert Bands und Musikern interpretiert worden sein.

Davor zählte Russell zu den gefragtesten Sessionmusikern von Los Angeles. Er war fixes Mitglied in der Wall-of-Sound-Band von Phil Spector, spielte Klavier, als die Byrds ihre berühmte Version von Bob Dylans Mr. Tambourine Man aufnahmen, und half regelmäßig den Beach Boys aus, etwa bei deren Jahrhundertalbum Pet Sounds. Entsprechend vielfältig fiel später Russells eigenes Werk aus, für das er über die Jahrzehnte aus einem Fundus schöpfte und diesen erweiterte, der bei Country, Blues, Rock und Jazz begann und beim Gospel oder dem Pop eines Elton John endete. John sah in Russell gar seinen Mentor, dasselbe galt für J. J. Cale.

Im Sold von Jerry Lee Lewis

Bereits als Teenager lebte der als Claude Russell Bridges Geborene von der Musik und tourte mit gefälschtem Ausweis in der Band von Jerry Lee Lewis. Zeitgleich mit Erscheinen seines Debüts führte er die Liveband von Joe Cockers Unternehmen Mad Dogs & Englishmen an, Reichtum und Berühmtheit waren die Folge.

Er konzertierte mit George Harrison bei dessen Benefizkonzert für Bangladesch in New York, kooperierte mit Willie Nelson, Dr. John, Bob Dylan oder Ray Charles. Mit Nelson rauchte er Pot und landete 1979 das Hitalbum One for the Road. Zu seinen größten eigenen Hits zählt Tight Rope von seinem Album Carney (1972).

MemphisMemories

Russell galt als sensibler Songwriter und genialer Handwerker. Er war eine Figur der Gegenkultur, ein cooler Southener, der mit Traditionen nicht brach, sondern sie aktualisierte oder ihnen, manchmal hinter Pseudonymen versteckt, huldigte. Das bescherte ihm eine Reputation, die ihm über mehrere Jahrzehnte eine erfolgreiche Karriere in der ersten und zweiten Reihe sicherte. In den Nullerjahren erlebte der Vater von sechs Kindern quasi sein eigenes Revival, als ihn Bewunderer wie Elvis Costello oder Elton John erneut vor den Vorhang holten. Mit John veröffentlichte er 2010 das Album The Union. Seit Jahren litt Russell an diversen Krankheiten, musste sich einer Gehirnoperationen unterziehen, eine am Herzen stand ihm bevor.

Am Sonntag ist dieser große Musiker in seinem Haus in Nashville im Schlaf gestorben. Leon Russell wurde 74 Jahre alt. (Karl Fluch, 14.11.2016)