Die Trump-Steuerpläne könnten die US-Schuldenblase gefährlich ausdehnen.

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New York / Wien – Während der Dow-Jones-Index an der New Yorker Börse nach dem Wahlsieg von Donald Trump einen neuen Rekordstand erreichte, herrscht an den Staatsanleihenmärkten Ernüchterung. Die Kurse sind merklich zurückgegangen. Die Zinsen bewegen sich bei Anleihen gegengleich und haben bei zehn Jahre laufenden Treasuries erstmals seit Jänner wieder die Marke von zwei Prozent überschritten. Der Grund liegt auf der Hand. Für Trump spielen Schulden keine Rolle – weder als Geschäftsmann noch als künftiger Präsident.

Darauf hat der Republikaner wiederholt hingewiesen: Die USA könnten nie bankrottgehen, weil das Geld einfach gedruckt werden könne, meinte er beispielsweise im Mai. Auch neue Verbindlichkeiten zur Ankurbelung der Wirtschaft hat Trump in Aussicht gestellt. Später könne man die Gläubiger ja um Schuldenreduktion ersuchen – auch hierbei handelt es sich um ein Geschäftsmodell, das der Tycoon im Immobilienbereich des Öfteren angewandt hat. Kein Wunder, dass die Anleihenmärkte rotieren, wobei auch höhere Inflationserwartungen eine Rolle spielen. Die Teuerung könnte nämlich durch höheres Wachstum und einen Preisanstieg infolge von Importhemmnissen nach oben getrieben werden.

Viele teure Vorhaben

Doch wie würde sich die Umsetzung von Trumps Plänen auf die Staatsfinanzen auswirken? Einigermaßen detaillierte Berechnungen von unabhängiger Seite gibt es zu den Steuerplänen, die er als Kandidat veröffentlicht hat. Sie sehen massive Entlastungen vor, die vor allem Betrieben, Topverdienern und Erben zugute kämen. Trumps Steuervorhaben würden die öffentliche Verschuldung stark nach oben treiben. Die Deutsche Bank hat Kosten von 4,6 Billionen Dollar errechnet, das Tax Policy Center 7,2 Billionen Dollar.

Angesichts eines Schuldenstands von knapp 20 Billionen Dollar kein Klacks, auch wenn die USA dank höheren Wachstums damit besser umgehen können als Europa oder Japan. Auch relativ zur Wirtschaftsleistung haben die Vereinigten Staaten bei den Schulden beachtliche Dimensionen erreicht: Vor der Finanzkrise lag die Quote noch bei 64 Prozent, heuer bei 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum Vergleich: Die Eurozone steht bei 92 Prozent.

Mahnung zur Schuldenbremse

Dass der neue Präsident seine Pläne angesichts der großen finanziellen Belastung eins zu eins umsetzen kann, wird von vielen bezweifelt. Obwohl sich sein Steuermodell an jenem der Republikaner orientiert, könnte die eigene Partei Abstriche verlangen. Führende Abgeordnete wie Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, haben beim jährlichen Budgetgerangel immer wieder die Einhaltung der Schuldenbremse eingemahnt. Vor einem Jahr wurde der bei 20,1 Billionen Dollar liegende Deckel vom Kongress um ein Jahr suspendiert, im März läuft diese Frist aus. Alljährlich droht wegen dieser Systematik eine Schließung der Verwaltung – als Government-Shutdown sattsam bekannt.

Selbst wenn Trump seine Steuersenkungspläne umsetzen könnte, stellt sich die Frage, wer die Vorhaben finanziert. Möglicherweise fließt viel Geld, wenn Konzerne – allen voran Apple – ihr im Ausland gehorteten Cash von zwei Billionen Dollar nach Hause bringen. Das tun sie derzeit nicht, weil dann die Gewinnsteuer voll zuschlagen würde. Trump will die Reserven der Unternehmen nun mit einem Einmalabschlag von zehn Prozent in die USA umleiten.

Notenbank auf Standby

Verlass war bisher auf die Notenbank, die rund 2,5 Billionen Dollar an Staatsanleihen gebunkert hat. Allerdings ist das Kaufprogramm längst beendet, zudem will die Fed die Zinsen anheben, was die Schuldenproblematik der Regierung verschärfen wird. Der Vertrag von Fed-Chefin Janet Yellen läuft übrigens noch bis 2018.

Ebenfalls Großkunden der Regierung sind ausländische Notenbanken, allen voran die chinesische, die mehr als eine Billion an Treasuries hält. Doch Peking steht seit geraumer Zeit auf der Verkäuferseite, um die stetige Abwertung des Yuan zu bremsen. Und Attacken auf China werden dessen Kauflust nicht gerade ankurbeln. Ähnlich sieht es bei den Erdölländern aus, die ebenfalls Dollars verkaufen. Für Trump wird es dadurch schwierig, seine Steuerpläne umzusetzen. Es sei denn, potenzielle Gläubiger geben ihm einen ähnlich hohen Vorschuss wie die Wähler. (Andreas Schnauder, 12.11.2016)