Die Umrisse der Insel Santorin werden bis heute von der riesigen Caldera gebildet, die unmittelbar nach der Explosion noch nicht mit Wasser gefüllt war.

Nasa

Die vier heißen und zwei kalten Phasen der Entstehung der heutigen Insel Santorin. Der Tsunami entstand am Ende der Phase drei, als die Lavaströme das Meer verdrängten.

Nomikou et al. in "Nature Communications"

Athen/Wien – Die Eruption des Vulkans von Santorin vor 3.600 Jahren war eine der fatalsten Naturkatastrophen der Geschichte. Die Explosion zerriss die griechische Insel Thera (heute Santorin) und überzog weite Teile des Mittelmeers mit Asche und Rauch. Vor allem aber führte der gewaltige Vulkanausbruch langfristig zum Niedergang der minoischen Kultur, der frühesten Hochkultur Europas.

Am Anfang dieses Endes war ein mächtiger Tsunami, dessen Wellen bis zu neun Meter Höhe erreichten, als sie Teile der Nordküste Kretas überfluteten, wo die Minoer herrschten. Wie dieser Tsunami zustande kam, beschäftigt die Forschung seit langem. Das bisher gängige Szenario geht davon aus, dass die riesige Caldera, deren Überreste das heutige Santorin bilden, unter der Last der Lava einstürzte und gemeinsam mit dem ausströmenden Wasser für die meterhohen Wellen sorgte.

Vier Phasen des Ausbruchs

Doch Paraskevi Nomikou (Uni Athen) kommt nach Analyse seismischer Daten des Meeresgrunds rund um die Insel zu einer etwas anderen Abfolge der dramatischen Geschehnisse.Laut Nomikou und Kollegen spielte sich der Vulkanausbruch in vier Phasen ab, die sich in einem wichtigen Detail von den bisherigen Rekonstruktionen unterscheiden. Zuerst wurden in einer explosiven Eruption Lava, Asche und Gase aus einem unterirdischen Schlot ausgeschleudert.

Dann drang Wasser ein und zwei heftige Wasserdampf-Explosionen folgten. In der dritten Phase überschwemmten pyroklastische Ströme die gesamte Umgebung mit Lava, Staub und Asche.Neu an den Analysen ist die Behauptung, dass der Vulkankrater leer war, weil die heftigen Wasserdampfexplosionen das Meerwasser aus der Caldera entfernte. Als in der letzten Phase die Caldera kollabierte, stürzten die Gesteinsbrocken dann in den trockenen Innenbereich des Kraters und nicht ins Meer. Der Tsunami konnte auf diese Weise also nicht entstanden sein.

Glühende Ströme mit 700 km/h

Das waren laut der neuen Studie im Fachblatt "Nature Communications" bereits die heftigen pyroklastischen Ströme, die noch heute bis zu 60 Meter hohe Ablagerungen am Meeresgrund vor Santorin bilden: Die Massen, die mit bis zu 700 Kilometern pro Stunde die Außenhänge des Vulkans hinunterrasten, brachten genügend Masse mit, um den Tsunami zu erzeugen. (tasch, 11.11.2016)