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Letzte Handgriffe am PT Cruiser in Toluca (Mexiko). Chrysler ließe das Auto lange dort herstellen. Der Handelspakt Nafta machte das für US-Firmen leichter.

Foto: Rainer Unkel / picturedesk.com

Donald Trump ist kein Mann der kleinen Worte. Um ein Argument zu untermauern, spitzt er gerne zu. So nannte er etwa das Handelsabkommen Nafta den womöglich schlechtesten Deal, der je in der Geschichte der Menschheit gemacht wurde. Für die ganze Welt war er sich dann doch nicht so sicher, klar sei aber, "dass es der schlechteste Handelsdeal der US-Geschichte" sei.

So gerne Trump übertreibt, mit seiner Einstellung zum Freihandel scheint er es ernst zu meinen. Das legen die Berater nahe, die er vor den Wahlen um sich geschart hat. Der Handel mit Mexiko und China war auch in vielen seiner Reden ein zentrales Thema.

Grund genug, um sich den Handelspakt Nafta etwas näher anzusehen. Was ist dran an der Kritik des nächsten US-Präsidenten, der auch das EU-Abkommen TTIP zu Fall bringen dürfte?

Dazu muss man etwas ausholen. Nafta ist 1994 in Kraft getreten. Damals war Bill Clinton Präsident, was sich seine Ehefrau im Wahlkampf mehr als einmal vorwerfen lassen musste. Verhandelt wurde das Abkommen aber noch unter George Bush senior.

Reich und Arm

Ökonomen haben den Pakt mit Argusaugen beobachtet. Denn es ist das erste Handelsabkommen, das zwischen reichen (USA, Kanada) und einem ärmeren Land (Mexiko) geschlossen wurde. Zur Veranschaulichung: In der Stunde verdient ein mexikanischer Industriearbeiter 4,50 Dollar. In den USA sind es knapp 20 Dollar.

Daher wurde von Kritikern befürchtet, dass Firmen massenhaft Jobs nach Mexiko verlagern. Ist das passiert? Nein. Studien haben ergeben, dass durch das Abkommen jedes Jahr 45.000 Jobs in den USA wegfallen. Das ist in einem der größten Länder der Welt aber nicht mehr als ein Rundungsfehler. In den USA gibt es heute fast 145 Millionen Erwerbstätige.

Gemischtes Urteil

Bricht man den Effekt von Nafta auf Österreich herunter, wären das im Jahr 1300 Stellen. Nun könnte man einwenden, jeder Job ist einer zu viel. Gleichzeitig sind aber neue Stellen entstanden, Exporte nach Mexiko sind gestiegen. Unter dem Strich ist es nicht klar, ob Nafta negativ auf die Beschäftigung in den USA gewirkt hat.

Jobs fallen auch ohne Handelsabkommen weg. Etwa bei Nokia, weil die Menschen die Handys nicht mehr kaufen möchten. Das passiert in einer dynamischen Volkswirtschaft laufend. In Österreich haben im Vorjahr etwa hunderttausende Menschen einmal ihren Job gewechselt.

Man könnte den sehr kleinen Effekt auf den Stellenmarkt auch als negatives Zeichen interpretieren. Hätte das Abkommen viel bewirkt, wären mehr alte Jobs weggefallen und neue entstanden.

Kaum Effekte

Und in der Tat fällt das Urteil der meisten Ökonomen nicht sehr positiv aus. Nafta hat den USA ökonomisch gesehen unter dem Strich nichts gebracht. Der Budgetdienst des US-Kongresses hat den positiven Effekt auf ein paar Hundertstelprozent des Bruttoinlandproduktes berechnet.

Das ist nicht besonders überraschend, denn obwohl die USA seit Jahrzehnten die Wirtschaftsmacht Nummer eins sind, ist für sie der Welthandel kaum von Bedeutung. Wenn eine Firma in den USA Teile braucht, kauft sie zumeist in den USA ein. Auch ihre Produkte setzt sie zu einem Großteil im Land selbst ab. Die Exportquote liegt bei zwölf Prozent. Im kleinen Österreich sind es 53 Prozent.

Trump hat mit seiner Kritik an Nafta also nicht Recht. Ihm ist es aber gelungen, daraus einen Sündenbock für eine andere Entwicklung zu machen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Wirtschaft überall auf der Welt stark verändert. Immer weniger Menschen finden Arbeit in der Industrie. In den USA ist davon vor allem der sogenannte Rust-Belt betroffen, die traditionelle Industrieregion im Nordosten.

Ende von TTIP

In den Bundesstaaten der Region ist Trumps Botschaft angekommen. In Michigan, Ohio oder etwa Pennsylvania hat er sich den Sieg geholt. Zwei Drittel all seiner Wähler geben an, dass der Freihandel in den USA Jobs zerstöre.

Die Kritik an Nafta passt zum nach innen gewandten Weltbild, das Trump verkauft. Ihm dürfte auch TTIP, das Abkommen zwischen der EU und den USA, zum Opfer fallen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gestand am Donnerstag ein, "das TTIP etwas sei, das nicht in den nächsten zwei Jahren passieren würde". (Andreas Sator, 11.11.2016)