Ein Eichhörnchen mit leprösen Hautdeformationen am Ohr: Verantwortlich dafür ist der Erreger Mycobacterium leprae.

Foto: Dorset Wildlife Trust

Edinburgh/Wien – Seit Jahrzehnten befindet sich das Eichhörnchen auf den Britischen Inseln auf dem Rückzug. Sein robusterer Verwandter, das aus Nordamerika eingeschleppte Grauhörnchen, verdrängt die europäische Art aus ihren Lebensräumen. Beim Studium der Faktoren, die den Eichhörnchenpopulationen zusetzen, haben Forscher nun eine überraschende Entdeckung gemacht: Die Nager sind zu einem hohen Prozentsatz mit Lepra infiziert.

Wie schottische und Schweizer Forscher um Charlotte Avanzi von der EPFL Lausanne in "Science" berichten, konnten sowohl der klassische Erreger Mycobacterium leprae als auch dessen erst vor Kurzem identifizierter Verwandter M. lepromatosis festgestellt werden. Die Bakterien lösen Flecken und Deformationen der Haut aus und lassen Nervenzellen absterben. Durch den Verlust des Schmerzempfindens werden ignorierte Verletzungen und Sekundärinfektionen zur eigentlichen Gefahr.

Die Krankheit, die einst als "Aussatz" zur sozialen Ächtung führte, ist heute durch Antibiotika heilbar und tritt in westlichen Ländern nur noch in seltenen Einzelfällen auf. In Großbritannien ist seit Jahrzehnten kein Fall mehr bekannt geworden. Umso verblüffter waren die Forscher über die Quote betroffener Eichhörnchen. Sie untersuchten insgesamt 110 Tiere aus England, Schottland und Irland. Obwohl nicht alle davon sichtbare Anzeichen der Krankheit aufwiesen, zeigte sich, dass fast jedes Tier eines der beiden Bakterien in sich trug.

Gefahr für Menschen besteht laut Koautor Andrej Benjak kaum – alleine schon deshalb, weil wir mit Eichhörnchen selten in Kontakt kommen. Weitere Untersuchungen sollen aber klären, ob auch Hörnchen in Mitteleuropa den Erreger in sich tragen. (jdo, 11.11.2016)