Vernetzte Autos können den Lenkern immer mehr Aufgaben abnehmen. Dafür brauchen sie viele Daten.

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Wien – Damit Autos ihren Lenkern immer mehr Aufgaben abnehmen können, müssen sie jede Menge Daten sammeln und umrechnen. Ein modernes Auto hat dafür heute rund 100 Datenerfassungsgeräte und viele hundert Sensoren sowie bis zu sieben Sim-Karten verbaut. Die Stellung des Gaspedals wird ebenso erfasst wie Zeitpunkt und Intensität eines Bremsvorgangs. Ein Airbag kann nur richtig zünden, wenn die Geschwindigkeit des Fahrzeugs bekannt ist. Position und Geschwindigkeit sind dank GPS ohnehin immer bekannt. ABS, Airbags und Gurtstraffer, all die technischen Helfer müssen mit Informationen gefüttert werden, um richtig zu funktionieren.

Viele dieser Informationen werden – zumindest kurzfristig – in internen Speichern abgelegt. Sie sorgen vor allem für Fahrkomfort, mehr Sicherheit und zunehmend für Krücken im Straßenverkehr. Fahrzeuge, die plötzlich auftauchenden Hindernissen automatisch ausweichen, die ohne Zutun des Fahrers einparken, untereinander kommunizieren und sich gegenseitig vor Unfällen oder Staus warnen, vieles davon ist schon Realität. Zunehmend korrespondieren Autos auch mit der Straßeninfrastruktur oder mit der Werkstatt. Auch das selbstfahrende Auto ist in greifbarer Nähe.

Automatisches Notrufsystem

Ab März 2018 müssen Neuwagen auch mit dem automatischen Notrufsystem Ecall ausgerüstet sein. Damit werden sie selbst ans Internet angeschlossen sein – einerseits mit einer eigenen IP-Adresse (also einer eindeutigen Identität im Web, Anm.) andererseits mit einem GPS-Modul, das die Position des Kfz erfasst. Fahrzeuggestellnummer, Kraftstoffart, Ort und Zeit, Fahrtrichtung des Autos und Anzahl der Insassen sind Daten, die dann erfasst werden. Die Vorteile: Bei einem Unfall wird der Rettungsdienst rasch alarmiert, die anrückende Feuerwehr weiß über die spezifischen Gegebenheiten des Unfallfahrzeugs bereits Bescheid, und weil das System es auch erlaubt, dass Fahrzeuge untereinander kommunizieren, gibt es für andere Autofahrer gleich die Warnung, wo ein Fahrstreifen blockiert ist.

Welche Daten weitergegeben werden, ist in diesem Fall gesetzlich geregelt. Anders ist es mit Daten, die die Autobauer erfassen, um darauf Dienste aufzusetzen – etwa eigene automatische Notrufsysteme oder Dienste anderer Art. Dabei übermitteln Pkws permanent Fahrdynamikdaten beziehungsweise für die Fahrzeugwartung relevante Daten an die Hersteller. Grundsätzlich gilt: Was die Hersteller mit den Daten machen, wem sie sie in welcher Form zugängig machen, entscheiden sie selbst.

Sorgen in den Kfz-Werkstätten

Das zieht auch den heimischen Kfz-Großhändlern und den Werkstätten die Sorgenfalten auf. Sie befürchten künftig Wettbewerbsnachteile, wenn sie auf bestimmte Daten nicht mehr zugreifen können, wie sie bei einem Pressegespräch in Wien erklären. Wolfgang Dytrich, Vorsitzender des Berufszweiges Großhandel mit Kfz-Teilen und Serviceeinrichtungen, warnt vor einer Monopolisierung der Daten.

Eine Initiative von sieben europäischen Verbänden rund um die Fahrzeugindustrie fordert nun von der EU-Kommission rechtliche Rahmenbedingungen, um den freien Zugang zu Fahrzeugdaten für alle Marktteilnehmer sicherzustellen. Christian Pesau, Geschäftsführer des Arbeitskreises der Automobilimporteure, findet, dass "keine konkrete Gefahr droht. Immerhin wollen die Konsumenten auch den Komfort. Dafür braucht man die Daten." ÖAMTC-Experte Stefan Saumweber hält hingegen die Sorge für durchaus berechtigt. "Das muss fernab der Datenschutzgrundverordnung geregelt werden."

Höhere Preise

Dytrich sieht, davon abgesehen, den Berufsstand des freien Teilehandels und den Bereich der Serviceeinrichtungen bedroht, "wenn Fahrzeughersteller exklusiv den Zugriff und die Vermarktung der Fahrzeugdaten beanspruchen". Er befürchtet eine Wettbewerbsverzerrung, "die besonders dem Konsumenten eine Kostenoptimierung bei Wartung und Reparatur seines Fahrzeugs verwehrt".

Georg Ringseis, Landesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik Wien, schlägt in die nämliche Kerbe. Wenn Fahrzeughersteller exklusiv über die Daten verfügen, könne das dazu führen, dass Autobesitzer nur noch in bestimmten Werkstätten ihre Pkw reparieren und warten lassen können. Für Konsumenten würde eine Monopolisierung einen Preisanstieg bedeuten. Noch sei es so, dass Kunden speziell bei älteren Fahrzeugen und dem Angebot des freien Teilehandels günstigere Reparaturleistungen erhalten. (rebu, 10.11.2016)