Warnt angesichts von Trumps Wahlsieg vor Hofer: Präsidentschaftskandidat Van der Bellen.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Weißer Saal, weiße Klappstühle, beim Termin wird stilles Wasser aus Karaffen gereicht: Im nüchternen Ambiente der "Labstelle" im ersten Wiener Bezirk nimmt Alexander Van der Bellen am Donnerstag den von den Republikanern bejubelten US-Wahlsieg von Donald Trump zum Anlass, vor seinem Kontrahenten Nobert Hofer zu warnen. "Ich möchte nicht, das Österreich das erste westeuropäische Land ist, in dem Rechtsdemagogen die Macht übernehmen", sagt der Hofburg-Kandidat.

Van der Bellen hofft nun, dass das Wahlergebnis über dem großen Teich "ein Weckruf" ist und dass sich vor allem jene dazu durchringen, am 4. Dezember "VdB anzukreuzen", die weder Hofer noch ihn als Präsidentschaftsanwärter besonders gut leiden können.

Ähnlich wie beim Bexit-Votum in Großbritannien müsse man sich angesichts von Trumps Triumph fragen, was hier passiert sei, so der ehemalige Chef der Grünen, denn die Nachricht sei auch für ihn "ein Schock" gewesen. Van der Bellen plädiert dafür, zwischen nachvollziehbaren Sorgen etwa um den Arbeitsplatz auf der einen Seite und von Populisten geschürten Ängsten zum Beispiel vor Minderheiten auf der anderen Seite zu unterscheiden.

Dazu warnte Van der Bellen einmal mehr vor den Freiheitlichen: "Wenn mein Kontrahent von der FPÖ eine Mehrheit erhalten sollte, dann kommt nichts weniger als die blaue Republik, dann kommt die Machtübernahme durch die FPÖ."

Trump selbst wünschte Van der Bellen die nötige Kraft und Besonnenheit, um die USA nach diesem Wahlkampf wieder zu versöhnen.

Blaue Retourkutsche

Die blaue Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer sagte via Ö1, ihn störe "das aufgeregte Getue". Trump habe gewonnen, weil er im Wahlkampf stets authentisch geblieben sei – und das habe er quasi mit dem neuen US-Präsidenten gemeinsam.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wiederum prophezeite: "Ein Bundespräsident Van der Bellen würde bedeuten, dass Österreich auf eine diplomatische Eiszeit mit den USA zusteuert." Denn ein verantwortungsbewusster Kandidat hätte sich niemals zu abfälligen Äußerungen gegenüber Trump hinreißen lassen dürfen. Kickls gnadenloser Befund: Van der Bellen agiere "wie ein Elefant im diplomatischen Porzellanladen" – und schade damit dem Ansehen Österreichs.

Vor einigen Tagen hatte Van der Bellen unter anderem "die Verrohung der Sprache" in Trumps Wahlkampf kritisiert – und Parallelen zu Hofers Stil gezogen. (Nina Weißensteiner, 10.11.2016)