Rascher, unbürokratischer und flexibler – auf diese Weise punkten Kreditfonds bei ihren Kunden.

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Wien – Die traditionellen Banken dominieren noch immer die Mittelstandsfinanzierung. Nichtbankenkredite, von denen einige inzwischen auch von milliardenschweren Fonds unterstützt werden, erobern aber einen zunehmend größeren Marktanteil. Das zeigt die aktuelle Studie "Financing the Economy 2016" des Beratungsunternehmens Deloitte. So ist das für Investitionen frei verfügbare Kapital der sogenannten Direct Lending Fonds weltweit innerhalb dreier Jahre von 150 Milliarden Dollar auf 200 Milliarden Dollar angewachsen – ein Anstieg um ein Drittel. Die Gesamtvermögenswerte legten zwischen Dezember 2012 und Juni 2015 von 400 Milliarden auf 520 Milliarden Dollar zu. Zur Erklärung: Von der Gesamtsumme sind zirka 320 Milliarden aus den Fonds bereits in Unternehmen investiert.

Und wer nimmt diese privaten Kredite in Anspruch? Zu 70 Prozent sind es mittelständische Unternehmen, die die Finanzierung hauptsächlich zur Expansion nutzen, heißt es in der Studie. Die Vorteile: Die Finanzierungsabwicklung ist zumeist rascher, unbürokratischer und auch flexibler. Doch es gibt auch Risiken, so Ben Trask, Partner bei Deloitte Österreich, zum STANDARD: "Die Zinsen für alternative Kredite sind oft teurer. Diese können sich zwischen fünf bis schon mal zehn bis zwölf Prozent bewegen." Daher gelte es, von Fall zu Fall abzuwägen, welche Finanzierungsform zielführender sei. So werden alternative Finanzierungsformen auch häufig komplementär zu Bankkrediten genutzt. Hinzu kommt, dass die Banken im Lichte von Basel III bei der Kreditvergabe ihre Mindestanforderungen erhöhen. Bei der Überarbeitung des Regelwerks geht es vor allem darum, Rechtsklarheit in den lokalen Märkten zu schaffen, um den international agierenden Direct Lending Fonds Investitionen zu ermöglichen.

Steigende Tendenz

Im Jahr 2015 wurden in Europa 262 Unternehmensfinanzierungen durch Direct Lending abgeschlossen, in den beiden Jahren davor waren es 243 beziehungsweise 164 Transaktionen. Im ersten Quartal 2016 waren es bereits 67. Finanziert werden Direct Lending Fonds hauptsächlich durch institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen und Staatsfonds. Im vergangenen Jahr haben diese in Europa frisches Kapital in der Höhe von 30 Milliarden Dollar aufgestellt, in den USA waren es 46 Milliarden, in Asien und im Rest der Welt sechs Milliarden Dollar, heißt es in der Studie weiter. Somit verfügten die Fonds in Europa aktuell über Vermögenswerte von 141 Milliarden Dollar, in den USA von 327 Milliarden; auf den Rest der Welt verteilten sich 48 Milliarden Dollar. Doch Europa entwickelt sich zunehmend zu einem Finanzierungsmarkt nach US-Vorbild. Am meisten nachgefragt wird die Nichtbankenfinanzierung im Europavergleich in Großbritannien, gefolgt von Frankreich, Deutschland sowie Spanien. Österreich steckt da noch in den Kinderschuhen. Hier müssten die entsprechenden Rahmenbedingungen erst geschaffen werden, so Trask weiter. Er fordert Regulierungen anhand des Vorbilds Großbritanniens ein, die die Fonds unterstützen und nicht nur restriktiv seien.

Auch der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU könnte die Entwicklung der Nichtbankenfinanzierung anschieben, prognostiziert Trask: "Durch den Brexit und die daraus verbundenen Unsicherheiten auf den Finanzmärkten sinkt die Risikobereitschaft der Banken. Für Unternehmen wird es schwieriger, an Kredite zu gelangen."

In der Folge könnte man einen weiterhin zunehmenden Wettbewerb zwischen Direct Lending Fonds sehen, was tendenziell auch zu besseren Konditionen für Kreditnehmer führen könnte. Es ist anzunehmen, dass große Kreditfonds in Zukunft versuchen werden, neue Regionen zu erschließen, die bisher von lokalen Banken dominiert werden – wie etwa die Beneluxländer, die Iberische Halbinsel, Nordeuropa, aber auch Österreich. (Sigrid Schamall, 12.11.2016)