Wien – Der Nationalrat hat am Donnerstag die Weichen für die Schaffung des Zentralen Wählerregisters gestellt. Das entsprechende Wahlrechtsänderungsgesetz erhielt die Zustimmung von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen. Durch den Beschluss wird es künftig auch möglich sein, Volksbegehren unter Verwendung der Bürgerkarte bzw. der Handysignatur elektronisch zu unterstützen.

Zusätzlich wurde mit dem Beschluss klar gestellt, dass bei künftigen Urnengängen wieder Wahlkuverts ohne Lasche zum Einsatz kommen. Damit wird auf Dauer auf jenes Modell verzichtet, das durch die sich lösende Verklebung die Verschiebung der Bundespräsidenten-Stichwahl notwendig gemacht hatte.

Kritik von Grünen und Neos

Seinen Stimmzettel darf man gemäß Gesetz nun auch zu Recht selbst in die Urne einwerfen, wenn man das wünscht. Eine weitere Änderung: Briefwahlkuverts müssen nicht mehr persönlich vom Bezirkswahlleiter ab 9.00 Uhr geöffnet werden. Künftig gibt es auch die Möglichkeit, dass Hilfsorgane ihn dabei unterstützen.

In der Debatte freute sich SPÖ-Klubchef Andreas Schieder über ein "wichtiges Kernstück für die Wahlrechtsreform". Um den Rest werde man sich – gleich nach der Bundespräsidentenwahl – im ersten Halbjahr 2017 kümmern, versprach er. Gegenüber elektronischen Abstimmungsmechanismen, die vor allem von der ÖVP forciert werden, zeigte er sich skeptisch.

FPÖ schießt sich weiter auf Briefwahl ein

Bei der ÖVP musste man sich vor allem mit Kritik seitens der Neos und Grünen auseinandersetzen. Neos-Mandatar Nikolaus Scherak hatte sich in einem (letztlich erfolglosen) Abänderungsantrag dafür ausgesprochen, mit dem neuen Wählerregister auch gleich die Abgabe von Unterstützungserklärungen bei Wahlen in jeder Gemeinde (und nicht nur am Hauptwohnsitz) zu ermöglichen. Gerade am Land würden es die Menschen nicht wagen, sich entsprechend zu "outen", meinte er, weil Repressalien des "rot-schwarzen Machtkartells" zu befürchten seien.

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl bestritt das vehement und ortete darin den Vorwurf, dass die Bürgermeister in den Gemeinden Amtsgeschäfte nach Parteibuch erledigten. "Das kann man nicht so stehen lassen." Sollte es Belege für solche Vorwürfe geben, solle Scherak Anzeige erstatten.

Harald Stefan (FPÖ) begrüßte das zentrale Register, wiederholte aber die Kritik der FPÖ an der Briefwahl. Der Grüne Albert Steinhauser verlangte zur Verhinderung von Identitätsdiebstahl, bei künftigen Wahlkartenmodellen die Unterschrift des Wahlberechtigten wieder zu verdecken. Christoph Hagen vom Team Stronach verteidigte die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten, denn "das Volk ist der Souverän".

Schelling bleibt bei Vorschlag zu kalter Progression

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bleibt seinem Vorschlag zur Abschaffung der "kalten Progression" treu. In der Fragestunde des Nationalrats beharrte er darauf, über einen bestimmten Zeitraum die Inflationsrate zu sammeln und dann automatisch alle Steuerstufen zu entlasten.

Eine Ausnahme hat Schelling vorgesehen. Wenn das Wachstum eine sehr schlechte Entwicklung nimmt, könnte man seinen Vorstellungen zu Folge den Automatismus temporär ausschalten.

Finanzausgleich verteidigt

Verteidigt wurde von Schelling der jüngst paktierte Finanzausgleich. Angesichts der unterschiedlichen Interessen und der Ausgangslage zeigte sich der Finanzminister zufrieden, dass ein Schritt Richtung Ausgabenorientierung gelungen sei: "Wenn man auf einen 8.000er steigt, geht man auch zuerst ins Basislager." Zu Vorhaltungen des Grün-Mandatars Bruno Rossmann, dass sich letztlich wieder nichts ändern werde, etwa in Sachen Spekulationsverbot, meinte Schelling, er sei für ein "Spekulationsverbot für Wortmeldungen".

Mit der Debatte des Kunst- und Kulturberichts 2015 ging die Plenarsitzung des Nationalrats zu Ende. Aus diesem geht hervor, dass das Bundeskanzleramt im Vorjahr 410,3 Mio. Euro für Kunst und Kultur aufgewendet hat, gut 15 Mio. Euro weniger als im Jahr davor.

Auch eine Entschließung für eine stärkere Förderung von Frauen in der österreichischen Filmbranche wurde angenommen. Bereits in zwei Wochen tritt der Nationalrat erneut zusammen. Auf der Tagesordnung steht dann die Debatte und der Beschluss des Budgets 2017. APA, 10.11.2016)