Über 160 Kilometer pro Stunde schnell ist die Brasilianische Freischwanz-Fledermaus (Tadarida brasiliensis) – und damit schneller als Vögel aus der Familie der Segler.

Foto: MPI for Ornithologie

Radolfzell – Geht es um den Sturzflug, dann ist der Wanderfalke mit über 300 Kilometer pro Stunde der schnellste Flieger der Erde. Beim horizontalen Flug dagegen hielten bisher Vertreter der Segler den Geschwindigkeitsrekord von über 110 km/h. Dieser wurde nun jedoch überraschend von einem Säugetier überboten: Wie internationale Wissenschafter beobachten konnten, saust die Brasilianische Freischwanz-Fledermaus sogar mit mehr als 160 Stundenkilometer durch die Nacht.

Während Vögel bei vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten bereits abheben, müssen selbst moderne Verkehrsflugzeuge dafür eine Geschwindigkeit von etwa 300 Stundenkilometern erreichen. Für ihre überragenden Flugfähigkeiten sind vor allem die aerodynamische Projektil-ähnliche Form ihres Körpers sowie das durch spezielle Knochen geringe Gewicht verantwortlich. Zusätzlich vergrößern im Verhältnis zur Antriebskraft schmale Flügel bei schnellfliegenden Vogelarten den Auftrieb.

Vertreter aus der Familie der Segler wie etwa der Mauersegler (Apus apus) hielten bisher mit 110 Kilometern pro Stunde den Rekord als die schnellsten Vögel der Welt im Horizontalflug. Auf Sturzflügen können Wanderfalken sogar rund 300 Stundenkilometer erreichen. Fledermäuse galten im Vergleich dazu als langsam, was vor allem ihrer Flügelstruktur geschuldet ist, die für einen größeren Luftwiderstand sorgt.

Rekordhalter im Horizontalflug

Umso überraschender waren daher die Geschwindigkeitsmessungen eines internationalen Wissenschafterteams unter der Leitung von Kamran Safi vom Max-Planck-Institut für Ornithologie: "Wir wollten unseren Daten zunächst kaum glauben, aber es stimmt: Die elf bis zwölf Gramm schweren Weibchen der Brasilianischen Freischwanz-Fledermaus (Tadarida brasiliensis) flogen teilweise über 160 Kilometer in der Stunde – ein neuer Rekord im horizontalen Flug", sagt Safi.

Die Daten vom Flug der Fledermäuse stammen von halben Gramm leichten Sendern auf dem Rücken der Tiere. Sie sind mit einem Kleber befestigt und fallen nach zwei bis fünf Tagen wieder ab. Ihr regelmäßiges Piep-Signal wird mit einer auf einem Kleinflugzeug angebrachten mobilen Empfangsstation geortet. "Für den Piloten war es nicht leicht, den schnellen Tieren so zu folgen, dass wir sie präzise orten und ihre Flugbahn kontinuierlich vermessen konnten", erklärt Dina Dechmann vom Max-Planck-Institut in Radolfzell, die ebenfalls an der im im Fachjournal "Royal Society Open Science" veröffentlichten Studie beteiligt war.

Vom Wind unbeeinflusst

Die Wissenschafter werteten auch die Daten der nächstgelegenen Wetterstation aus und bestimmten die Windverhältnisse zum Zeitpunkt der untersuchten Flüge. "Äußere Einflüsse wie Landschaft oder Rückenwind können Messergebnisse nicht erklären, denn die Maximalgeschwindigkeiten waren davon unabhängig", sagt Dechmann. (red, 9.11.2016)