Wer auch immer nach den geschlagenen US-Wahlen ins Weiße Haus einzieht, wird kein Problem mit dem haben, was US-Präsident James Buchanan im Frühjahr 1861 seinem Nachfolger Abraham Lincoln ins Ohr flüsterte: "Sir, das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist nichts für einen Gentleman." "Da habe ich aber Glück gehabt", soll Lincoln gewitzelt haben. Nun, 155 Jahre danach, stellte sich das Problem nicht, es stand kein Gentleman zur Verfügung.

Die Zeiten haben sich geändert. Gore Vidals brillantem Lincoln-Roman, in dem die historischen Details stimmen, kann man etwa entnehmen, dass sich die beiden Privatsekretäre des Präsidenten im Weißen Haus ein Zimmer teilen mussten, mit Doppelbett. Wenn der eine an einer der im Washingtoner Sumpf grassierenden Seuchen erkrankte, übersiedelte der andere aufs Sofa.

Die verschwendungssüchtige Mrs. Lincoln brachte das Interieur des Weißen Hauses auf Vordermann, wobei aber auch auf den neuen teuren Teppichen weiter Kautabak ausgespuckt wurde. Der Schlachthof draußen und der stinkende Kanal und das Vieh auf den Wiesen zur Versorgung der Truppen – es waren die Bürgerkriegsjahre – blieben ebenfalls.

Bei Lincolns zweiter Angelobung am 4. März 1865 war sein Vizepräsident Andrew Johnson sturzbetrunken. Vielleicht trank er sich ja instinktiv Mut an: Am 15. April wurde er selbst als Präsident vereidigt. (Gudrun Harrer, 8.11.2016)