Auch das Smartphone als ein Stein des Anstoßes in der Flüchtlingsdebatte findet den Weg auf die Bühne.

Foto: Patrick Connor Klopf

Villach – Felsenfest steht Elfriede Jelineks Theaterchoral Die Schutzbefohlenen in der humanitären Tradition der ältesten abendländischen Kulturen. Jenen, die um Schutz bitten, Unterkunft und Verpflegung zu gewähren ist eine heilige Pflicht. Das galt selbst bei den Kelten, weshalb es etwas paradox ist, dass die ja doch recht deutschtümelnde FPÖ in dieser Frage ihre behaupteten Wurzeln andauernd verrät.

Jelinek versuchte in Anlehnung an die 2500 Jahre alte Tragödie des Aischylos jenen Asylwerbern, die sich 2012 in der Wiener Votivkirche vor einer drohenden Abschiebung in Sicherheit bringen wollten, ihre schon acht Jahre davor Nobelpreis-bestätigte literarische Unterstützung zukommen zu lassen. Leider schrammen viele Wortspiele, angefangen von der Verquickung des erträumten Reisepasses der Flüchtlinge mit einem Traumpass von David Alaba, immer wieder mehr oder weniger weit am existenziellen Ernst des Themas vorbei.

An der Neuen Bühne in Villach hat Hausdramaturg Martin Dueller jetzt mit Isabella Wolf, vier Eleven des Klagenfurter Konservatoriums und drei Asylwerbern eine Umsetzung erarbeitet, die sich ganz auf die berührenden, manchmal erschütternden Passagen der dialogartig aufbereiteten Vorlage konzentriert. Wie in einer richtigen griechischen Tragödie nimmt das Verhängnis seinen Lauf, an dem niemand schuld ist: Alle tragen weiße Westen. Isabella Wolf verkörpert die Staatsräson mit genau kalkulierten Anwandlungen von Menschlichkeit. Simone Leski verleiht dem unreflektierten Volksmund nicht nur sprachlich, sondern auch körperlich einen geradezu unverschämt authentischen Ausdruck. Schön luftig schwirrt Ronja Jenko über die Bühne, die am Ende zu einem Meer wird. Die Löcher im nagelneuen Schlauchboot muss sich das Publikum allerdings denken.

Luisa Schwab führt mit Inbrunst den Chor an, in dessen Flehen auch ein afghanischer Gärtner mit seiner Frau und ein syrischer Florist einstimmen. An der Grenze zur Sprachlosigkeit berichten sie im Zentrum des Abends von den dramatischen Umständen ihrer Flucht. Es ist der stärkste Moment der Produktion. (Michael Cerha, 8.11.2016)