Graz – Die Volksanwaltschaft hat am Dienstag in Graz den Prüfbericht für 2014/2015 vorgelegt und darin abermals steigende Zahlen bei den Beschwerden dargelegt. Knapp 400 steirische Fälle werden pro Jahr an die Volksanwälte herangetragen, wobei bei 16 Prozent ein tatsächlicher Missstand festgestellt werde, erklärte Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ). Bei der Jugendpsychiatrie sehe er besondere Mängel.

In den beiden Jahren hatten sich exakt 754 Steirer mit einem Problem bei Verwaltungshandeln an die Volksanwaltschaft gewandt. In den Jahren 2012 und 2013 waren es zusammengerechnet 722 Fälle gewesen. Zum 40-jährigen Bestandsjubiläum im Jahr 2017 sei das Vertrauen der Bevölkerung in die Einrichtung so groß wie nie, meinte Kräuter. Sprechtage in allen Bundesländern sowie Fernsehsendungen machten die Volksanwaltschaft immer bekannter.

Kräuter bemängelte in seinen geschilderten Fallbeispielen vor allem die Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Steiermark: "Die Versorgung in der Steiermark ist alles andere als adäquat." Nur ein Drittel aller bedürftigen jungen Menschen könnten versorgt werden. In der gesamten Steiermark stünde derzeit kein einziger Kassenarzt und nur 33 Betten sowie 14 tagesklinische Plätze zur Verfügung. Damit erfülle die Steiermark ihren Regionalen Strukturplan 2011 nicht. Dieser sehe nämlich 74 Betten vor. Nach dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit würden in der Steiermark sogar 90 bis 120 Betten nötig sein.

Keine Kassenarztstellen geplant

Erst vor wenigen Tagen habe Kräuter von der zuständigen Steiermärkischen Gebietskrankenkasse ein Schreiben erhalten, wonach keine Kassenarztstellen geplant seien. "Das kann ja nicht sein, wenn alle vom Landesrat abwärts sagen, sie werden gebraucht. Nur die GKK sagt 'njet'." Das sei nicht hinzunehmen, bekräftigte Kräuter die Forderung nach mehr Betreuung für psychisch belastete Kinder und Jugendliche. Bei diesen könne noch viel geheilt werden, ehe es sich verfestigt und psychische Krankheiten hervorrufe.

Kräuter nannte auch an ihn herangetragene Missstände beim Vollzug der Auszahlung der Mindestsicherung in der Stadt Graz: Angeblich seien Ermessensentscheidungen nicht nachvollziehbar und Sachbearbeiter wochenlang nicht erreichbar. Nun wolle die Volksanwaltschaft der Sache auf den Grund gehen.

Seine Kollegin Gertrude Brinek (ÖVP) ließ noch einmal den von der Volksanwaltschaft vor Gericht gebrachten Fall der Shoppingcity Seiersberg Revue passieren. Man habe den Eindruck vermeiden wollen, dass es zwischen dem kleinen Häuslbauer und den Großen Unterschiede gebe und letztere nach dem Motto "Beton wird zu Gesetz" handeln können. Bezug nehmend auf die geplante Einzelstandortverordnung für das Einkaufszentrum meinte Brinek: "Wenn diese neue Verordnung beschlossen wird, werden wir sie auf alle Fälle prüfen." Vorher wolle sie sich nicht dazu äußern. Akzeptieren werde die Volksanwaltschaft die ebenfalls geplante Novellierung des Landes-Straßenverordnungsgesetzes, sofern diese gesetzeskonform im Landtag beschlossen werde.

Videodolmetschen und Belagsanierung

Brinek berichtete von Erfolgen rund um das Projekt "Videodolmetschen in JA" (Justizanstalten, Anm.): Menschenrechte würden nicht vor Gefängnistüren Halt machen, daher sei es wichtig, dass etwa ärztliche Befunde nicht mehr über sprachgewandtere Mithäftlinge kommuniziert würden, sondern via Video-Dolmetsch direkt den betroffenen Häftlingen mitgeteilt würden. Das Pilotprojekt sei in Wien-Josefstadt erfolgreich angelaufen, weshalb es nun unter anderem auch in der JA Jakomini in Graz angewendet werden soll, schilderte Brinek.

Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) warnte hingegen vor zu wenigen Medizinern: "Österreich geht sehenden Auges einem dramatischen Ärztemangel entgegen." Seiner Ansicht nach liege die Ausbildung im Argen, weil auch deutsche Studierende an Österreichs Unis aufgenommen werden müssen. Von ihnen würden aber 90 Prozent wieder zurück in ihre Heimat gehen. Zusätzlich werden österreichische Ärzte von England abgeworben, wo es jetzt schon einen massiven Ärztemangel gebe. "Spüren werden ihn die heute 30- und 40-Jährigen und deren Kinder", zeigte er sich überzeugt.

Fichtenbauer nannte ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Beharrlichkeit der Volksanwaltschaft: In Feldkirchen bei Graz verläuft die Südautobahn (A2) direkt durch das Wohngebiet und vor allem Schwerverkehr sorge bei unebener Fahrbahn seit Jahren für massive Lärmbelastung: "In der Schule kann nicht einmal das Fenster aufgemacht werden." Eine sogenannte Einhausung der Autobahn sei zu teuer, doch die Asfinag habe sich nun doch bereit erklärt, eine Sanierung des Belages früher als geplant – nämlich 2017 – durchzuführen, schilderte Fichtenbauer. Ein "Flüsterasphalt" soll aufgezogen werden sowie die Geschwindigkeitsbeschränkung dauerhaft bei 100 km/h liegen. Zusätzliche Radaranlagen sollen zur Tempo-Reduktion beitragen. (APA, 8.11.2016)