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Der Nigerianer Masai Ujiri spielte einst selbst Basketball in Europa. Sein großes Vorbild war Landsmann Hakeem Olajuwon.

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Für die Toronto Raptors hat er einige gute Spieler-Transfers eingefädelt.

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Toronto/Wien – "Der Job", sagt Masai Ujiri, "ist gar nicht so kompliziert." Nicht jeder könnte einen NBA-Klub managen, aber schon "fast jeder". Begegnet man dem 1,94 Meter großen Ujiri, breite Schultern, locker sitzendes Sakko ohne Krawatte, zwischen Halle und Spielergarderobe im Air Canada Center, der Heimhalle der Toronto Raptors, lacht einen die Sonne an. Der 46-jährige Nigerianer ist "President of Basketball Operations" bei den Raptors, dem Team von Jakob Pöltl, und damit der erste Afrikaner in der Historie des amerikanischen Major-League-Sports, der eine derart hohe Position bekleidet. Und er ist ein Meister des Understatements. Ob er härter als andere für seinen Erfolg arbeiten musste? "Manchmal musste ich vielleicht noch mehr reinbeißen als andere, aber ich hatte auch Glück und viele unglaubliche Menschen, die mir halfen", sagt Ujiri zum STANDARD.

Werte vermitteln

In Masai Ujiris kahlgeschorenem Kopf steckt eine Vision. Sie geht weit über das Milliardengeschäft Basketball hinaus. Sein Kerngeschäft ist das Erstellen des Raptors-Teamkaders mit einer gedeckelten Gehaltsobergrenze von etwa 100 Millionen Dollar. Ein teures Schachspiel. Die Kunst dabei ist es, Spieler dazu zu bringen, auch für weniger Geld zu unterschreiben. Wobei das Ujiri natürlich anders sieht. "Ich gehe nicht in eine Vertragsverhandlung mit dem Ziel, einen Spieler herunterzuhandeln. "Ich will ihm das zahlen, was er wert ist. Dafür muss ich ihn gut analysieren. Es geht aber auch um Respekt und um das Team."

Basketball ist das eine wichtige Thema für Ujiri. Das andere ist seine Heimat Afrika. Hinter seinem Schreibtisch in seinem Büro hängt neben einem Bild von Nelson Mandela auch ein gemeinsames Foto mit Barack Obama. Bereits 2003 gründete er mit "Giants of Africa" eine NGO, die Basketball-Camps veranstaltet, um jungen Afrikanern durch Sport eine Chance auf ein besseres Leben zu ermöglichen. Neue Spielfelder wurden in Kenia, Ruanda oder Ghana gebaut, Trainer wurden ausgebildet, Universitätsstipendien organisiert, Werte vermittelt. "Afrika hat ein unendliches Reservoir an Talenten. Nicht nur für den Sport." Ujiris Projekt mündete im Herbst in eine preisgekrönte Dokumentation, die im September erstmals beim Toronto Film Festival vorgestellt wurde.

Der Trailer zur Dokumentation über Masai Ujiris Lebensprojekt "Giants of Africa".
film tribe

Geboren wurde Masai Ujiri im nigerianischen Zaria als Sohn einer Ärztin und eines Spitalmanagers. Als Profi spielte er Ende der 90er-Jahre in Europa, hantelte sich danach auf der Karriereleiter vom unbezahlten Video-Scout zu einem der besten Manager in der NBA hoch – innerhalb von nur acht Jahren.

2013 wurde Ujiri in der NBA zum Executive of the Year gewählt, damals noch bei den Denver Nuggets. Er fädelte den berühmten Trade des abwanderungswilligen Superstars Carmelo Anthony zu den New York Knicks ein, draftete Talente wie Kenneth Faried oder verpflichtete Kaliber wie den Italiener Danilo Gallinari weit unter Marktpreis. In Kanada hat Ujiri ein konkurrenzfähiges Team um Coach Dwane Casey und die Eckpfeiler DeMar DeRozan und Kyle Lowry aufgebaut.

Wenn die Mannschaft gewinnt, ist das medial in erster Linie immer ein Erfolg von Spielern und Trainern. Unfair? "Nein", sagt Ujiri, "sie stehen jeden Tag im Scheinwerferlicht, haben den Druck. Unser Job läuft im Hintergrund. Das ist schon ganz in Ordnung so."

Der Verbinder

Nach einer kräftezehrenden Saison zieht sich der Manager aber nicht einfach mit einem Geldkoffer auf eine Yacht zurück, sondern tourt den ganzen Sommer durch Afrika. Den amerikanisch-kanadischen, eher kapitalistischen Einschlag möchte man ihm nicht dringend als Charaktereigenschaft umhängen. Ein wohltuender Kontrast. NBA-Boss David Silver nannte ihn einmal gar das "Verbindungsglied für einen ganzen Kontinent". Er traut ihm zu, in der Zukunft in die Politik einzusteigen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ujiri gerne mehr afrikanische Basketballer in die NBA bringen möchte. Er beschwört aber, dass das kein Nachteil ist für Spieler aus anderen Ländern. "Ich gebe allen Spielern die gleiche Chance, egal woher sie kommen. Ich habe auch einen NBA-Spieler aus Österreich gefunden."

Von diesem Jakob Pöltl ist Ujiri beeindruckt. "Für seine Größe hat er eine gute Stabilität in den Bewegungsabläufen. In der NBA brauchst du als Junger aber Zeit, um dich zu entwickeln. Wir werden sie ihm geben." (Florian Vetter, 22.11.2016)