Die goldene Brosche aus Jerusalem, eine poppige Swatch, eine Rolex für alle Gelegenheiten oder eine Uhr, die wie eine alte Scheune aussah. Wir fragten vier Zeitgenossen, welches Schmuckstück sie besonders gern tragen

Lotte Tobisch: "Schmuck muss mir Spaß machen"

Ich mag Schmuck sehr gern. Mit wertvollen Stücken hab ich es allerdings nicht so. Ich komme aus einer Familie, in der es zwar sehr schönen Schmuck gibt, und hin und wieder trage ich auch etwas davon, aber im Allgemeinen sind mir diese Stücke ziemlich wurscht. Meistens liegen sie im Safe der Bank.

Wenn ich früher einen prächtigen Ring getragen habe und irgendeinen Modeschmuck dazu, sagte meine Mutter: "Woher hast du nur diesen ordinären Geschmack?" Sie meinte, wenn man aus einer feinen Familie kommt, trägt man nur echten Schmuck, und den keinesfalls in Pletschn-Größe. Schmuck muss hübsch sein, mir gefallen und Spaß machen. So halte ich es übrigens mit allen Dingen in meinem Leben. Damit bin ich 90 geworden, das hat sich bewährt.

Die goldene Brosche auf dem Foto hab ich in Jerusalem gekauft. Sie stellt eine Paraphrase einer antiken Geschichte dar. Das find ich lustig. Es ist so ein Weiberl, das eine Künstlerin gemacht hat. Die Ohrringe stammen vom Flohmarkt des Künstlerheims in Baden und die Perlenkette aus Familienbesitz. Perlen mag ich gerne.

Als ich noch die Opernball-Organisation innehatte, hab ich mich am Ballabend mit schönen Familienklunkern behängt. Nicht dass mich das störte, aber es belastet halt doch. Es wäre doch unangenehm, wenn man etwas verlieren würde. Ich bevorzuge Dinge, bei deren Verlust man sich denkt: "Wenn's weg ist, ist's halt weg." Klar hab ich an diesem Abend auch viele andere Damen mit Schmuck gesehen. Neid ist mir völlig fremd. Ich gönne jedem alles.

Was den Stil betrifft, gibt es unzählige Dinge, von denen man sagen könnte, dass sie eigentlich scheußlich sind. Aber das ist mir egal. Das muss jeder selber wissen. Mir missfällt, wenn sich Menschen zu Sklaven der Mode machen. Da frag ich mich: "Warum tun die das?" Mein alter Freund Adlmüller zum Beispiel, der hat Menschen gern schöner gemacht und nicht Dinge um der Mode willen gezeigt, welche die Menschen hässlicher machten.

Lotte Tobisch-Labotýn war zwischen 1981 und 1996 Organisatorin des Wiener Opernballs. Sie wurde als Schauspielerin bekannt.

Foto: Christian Benesch

Michael Buchinger: "Eine Uhr ist ein Fashion-Statement"

Meine Pop-Swatch ist eine heitere, lustige Uhr. Man kann den mittleren Teil, also das Zifferblatt, herauspoppen. Ich glaube, deshalb heißt sie auch Pop-Swatch. Durch diese Funktion kann man sie theoretisch als Taschenuhr tragen, aber ich benütze sie lieber auf die herkömmliche Art. Mir gefällt das Bunte. Das mag auch daran liegen, dass ich mich früher sehr gern schrill gekleidet habe. Das hat sich geändert. Mittlerweile gebe ich mich eher gedeckt und dunkel. Das heißt, meine Accessoires, also auch diese Uhr, sollen dafür sorgen, dass ich nicht zu konservativ rüberkomme.

Wir leben in einer Zeit, in der man nicht mehr auf eine Uhr angewiesen ist, um zu wissen, wie spät es ist. Meistens blickt man ja doch auf sein Handy, wobei ich mir angewöhnt habe, das Gerät am Wochenende öfter auszuschalten. Dann brauch ich die Uhr. Generell glaube ich, eine Uhr zu tragen kommt einer bewussten Entscheidung für ein Fashion-Statement, für ein Schmuckstück gleich. Als ich als Kind lernte, die Uhrzeit zu lesen, war mir der Sinn dahinter nicht wirklich klar, schließlich gab es ja längst Digitaluhren. Aber in der Generation meiner Eltern hat die Uhr einfach immer noch einen anderen Stellenwert und eine wirkliche Funktion im Alltag.

Meine erste Uhr hab ich ganz klassisch zur Firmung bekommen, die Marke fällt mir jetzt nicht ein. Es ist ein eher klassisches Modell mit braunem Lederband und goldenen Ziffern. Apropos erste Uhr: Mir gefällt der Gedanke, dass eine Uhr von Generation zu Generation weitervererbt wird. Das ist sozusagen das männliche Pendant zum Schmuck, den eine Tochter von ihrer Mutter bekommt. Ich finde das auch überhaupt nicht konservativ. Mein Vater hat eine sehr schöne Uhr, ich glaube, es ist eine Jaeger-LeCoultre. Die würde mir schon gefallen. Allein deshalb, weil die günstigen Uhren halt irgendwann ihren Geist aufgeben. Ich glaube nicht, dass es sich auszahlt, meine Swatch eines Tages in die Reparatur zu bringen, wenn sie nicht mehr funktionieren sollte.

Michael Buchinger ist Blogger und Youtuber. Seinen Youtube-Kanal "michaelbuchinger" verfolgen gut 90.000 Interessierte regelmäßig.

Foto: Christian Benesch

Michél Mayer: "Ohrringe sind mein Ding"

Ich besitze zwei Uhren, beides sind ältere Modelle, nach denen ich lange gesucht habe. Das eine ist eine Monaco von Tag Heuer, das andere eine Rolex aus den 1970er-Jahren, eine sehr zeitlose Uhr. Ich mag diese maskulinen Schnitte. Auf mein Handgelenk passen irgendwie keine Damenuhren. Das Zifferblatt der Rolex ist in einem Nude-Ton gehalten und passt perfekt zur Haut. Die Uhr ist ebenso sportlich wie elegant. Sie stört nie, passt sich an und ist eine wunderbare Alltagsuhr. Die Monaco ist viel dominanter und kommt zum Einsatz, wenn etwas Besonderes ansteht.

Generell bin ich in Sachen Schmuck sehr wählerisch, er muss schon hundertprozentig "meins" sein. Wenn ich Schmuck trage, dann überhaupt nur Ohrringe, und auch das nicht untertags. Das ist mir Schmuck genug, allein schon, weil Halsketten oder Armreifen im Alltag mit Arbeit und Kind einfach unpraktisch sind. Sogar meinen Verlobungsring hab ich beiseitegelegt.

Ich besitze auch gar nicht viel Schmuck, hauptsächlich sind es echte, leistbare und alte Stücke. Fast alle stammen aus der Zeit des Art déco, auch die Ohrringe, die man auf dem Foto sehen kann.

Das Verhältnis von Mode zu Schmuck ist ein ganz spezielles. In der Mode wechseln die Kollektionen jedes halbe Jahr, Schmuck hat eine ganz andere – wie soll ich sagen – Verweildauer. Das Zusammenspiel von Mode und Schmuck muss stimmig sein und ergänzend wirken. Das Schlimmste ist es, wenn es zu viel des Guten ist. Ich denke, meine Mode kommt ganz gut ohne Juwelen aus. Umgekehrt funktioniert es aber auch, wenn Schmuck sehr dominant ist, sich dafür aber die Mode zurückhält.

Michél Mayer ist Modedesignerin. Das Studio samt Geschäft des gleichnamigen Labels befindet sich in der Wiener Singerstraße 7. Vor kurzem feierte sie dort 20-Jahr-Jubiläum.

Foto: Christian Benesch

Roland Koch: "Einer Uhr fühlt man sich zugehörig"

Ich glaube schon, dass wir Schweizer einen anderen Bezug zum Thema Zeit haben. Viele Schweizer sehen die Welt wie ein Uhrwerk, in dem jedes Rädchen ineinandergreifen muss, damit sich die Zeiger drehen. Die Pünktlichkeit der Züge in der Schweiz ist zum Beispiel nahezu gespenstisch. Man könnte ja sagen, die Welt kann auch einmal fünf Minuten warten, aber diese Einstellung ist den meisten Schweizern fremd. Die Uhr ist ein Abbild dieses merkwürdigen präzisen Denkens.

Man wächst in der Schweiz mit Uhren und den ganzen Geschichten rund um die Uhrenindustrie auf. Als ich noch jung war und all die Firmen noch nicht zu großen Konzernen gehörten, war die Entscheidung für eine Uhrenmarke eine Lebensentscheidung, ähnlich wie beim Kauf eines Autos. Entschied man sich für einen VW, fuhr man ein Leben lang VW. Das ist wie eine Impfung oder die Entscheidung für einen Fußballverein. Einer Uhr fühlt man sich zugehörig.

Eine Uhr, die es mir besonders angetan hat, ist meine Skipper von Tag Heuer mit ihrem legendären Valjoux-Werk. Diese Uhren kommen im Prinzip aus dem Rennsport, eine ganze Reihe von Tag-Heuer-Uhren sind Rennfahrern wie Clay Regazzoni oder Derek Bell gewidmet. Sie verfügen über berühmte Kaliber, die allerdings nicht mehr gebaut werden. Mein Modell kam eher im Segelsport zum Einsatz.

Gekauft habe ich die Uhr in Indien. Das war vor fünf, sechs Jahren. Kleine Teile dieser Modelle werden mittlerweile mit Gold aufgewogen, weil Tag Heuer diese Schräubchen und Anker nicht mehr herausgibt – das heißt, kein Uhrmacher kann die mehr reparieren. Das spornt natürlich die Sammler an. Meine Skipper war merkwürdigst und absurdest zusammengeflickt. Ein Wunder, dass keine Holzteile drin waren. Die Uhr sah aus wie eine alte Scheune, aber sie lief. Zumindest eine Zeit lang. Dann hat es zwei Jahre gedauert, bis ich mit meinem Uhrmacher alle Teile beisammen hatte. Jetzt ist sie zwar nicht im Originalzustand, aber sie läuft zuverlässig.

Roland Koch ist Schauspieler und Regisseur und wurde unter anderem als "Tatort"-Kommissar bekannt. Am Wiener Burgtheater hatte er vor kurzem mit "Pension Schöller" Premiere.

(Michael Hausenblas, RONDO Exklusiv, 8.11.2016)

Foto: Christian Benesch