Ist mit der Wiener Staatsoper in Japan unterwegs, um Mozart umzusetzen – der italienische Dirigent Riccardo Muti.

Foto: SILVIA LELLI

Eine ausgiebige Tournee, wie diese der Wiener Staatsoper nach Japan, beginnt um einiges früher als die erste tatsächliche Vorstellung. Der Pendelverkehr zwischen Wien und Tokio hat aus logistischen Gründen bereits Mitte August begonnen. Für die geplanten drei Produktionen sind dabei 27 Riesencontainer (mit einem Gesamtgewicht von rund 100 Tonnen) mit Dekorationen, Kostümen und Requisiten Richtung Yokohama-Hafen verschickt worden. Insgesamt kommt das Team des Hauses am Ring auf 65 Flüge, während des Gastspiels pendeln etwa 300 Personen zwischen Wien und Tokio hin und her.

Für Direktor Dominique Meyer ist es die zweite Tournee seit Amtsantritt – und sie ist lukrativ. "Der japanische Veranstalter übernimmt die Kosten, wir verdienen insgesamt ganz gut", unterstreicht Meyer. Veranstalter ist die japanische Privatstiftung NBS, die wohl auch zufrieden sein dürfte. Trotz durchaus stattlicher Kartenpreise von umgerechnet etwa 600 Euro sind die neun Vorstellungen ausverkauft. Wobei: Die Staatsoper hat keinen Anteil am Kartenerlös, und die Künstler erhalten ihre Gagen vom japanischen Veranstalter.

Hohe Hotelpreise

Die drei mitgebrachten Werke – also Richard Strauss' Ariadne auf Naxos, Richard Wagners Walküre und Mozarts Le nozze di Figaro – gehören zum Kernrepertoire des Hauses. Die Werkauswahl ist aber auch aufgrund der anfallenden Kosten getroffen worden: Angesichts der nächsten Olympiade in Tokio haben alle Hotels ihre Preise erhöht.

Die Unterbringung der Künstler – etwa bei einem so üppigen Werk wie Richard Strauss' Rosenkavalier – wäre da etwas zu teuer geraten und hätte denn auch das Budget gesprengt, erklärt Meyer. Nicht ungern erwähnt er Zahlen, welche seine Wiener Arbeit betreffen: In Wien wären die Einkünfte aus dem Kartenverkauf von 28 auf 35 Millionen Euro (zwischen 2010 und 2016) gestiegen (600.000 Besucher pro Spielzeit).

Technische Fragen

Von heiklen technischen Aspekten bei der Werkwahl und der Transferierung von Inszenierungen nach Tokio erzählt der technische Direktor des Hauses, Peter Kozak. Die Bühne hier sei kleiner als in Wien, also mussten einige Szenen reduziert werden. Andere Opern wie Richard Wagners Ring-Finale, also die Götterdämmerung, "hätten gar nicht angesetzt werden können". Seine Wiener Mannschaft bestehe aus etwa 60 Personen, meint Kozak. Aber auch hundert japanische Mitarbeiter helfen vor Ort mit, das Opernvergnügen zu einem ungestörten werden zu lassen. "Wir haben hier eine sehr angenehme Zusammenarbeit", erzählt der technische Direktor.

Auch künstlerisch läuft es gut, man kommt an: In Tokio ist Wagners Walküre enthusiastisch aufgenommen worden; davor stand Ariadne auf Naxos von Strauss auf dem Programm. Und als Finale wird Le Nozze di Figaro gezeigt. Insgesamt werden in Japan neun Vorstellungen präsentiert (je drei von jeder Produktion), das Gastspiel dauert insgesamt bis 15. November, das Schlusswort wird also Dirigent Riccardo Muti am Pult des Staatsopernorchesters mit Mozart haben.

Fleißiger Maestro

Die erste Vorstellung findet am 10. November statt; Besucher sehen in der Kenmin Hall von Yokohama die schon altehrwürdige Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle. Der italienische Dirigent – im fernen Japan zweifellos mit einem gewissen Kultstatus ausgestattet – probt bereits fleißig mit den Künstlern (u. a. Ildebrando D'Arcangelo als Conte d'Almaviva und Eleonora Buratto als Contessa).

Muti, der unlängst in Wien die Wiener Philharmoniker dirigiert hat, geht dabei mit seiner bekannten Akribie und Konzentration ans Probenwerk. Besonderen Wert legt er auch hier auf die Bedeutung des Textes und dessen musikalischen Zusammenhang. Wie man weiß, braucht solch Genauigkeit ihre Zeit – so dauerten die ersten Proben mit Muti über acht stolze Stunden.

Strauss' Ariadne auf Naxos und Wagners Walküre sind nicht dort, sondern in der Bunka-Kaikan-Halle in Tokio zu sehen, wobei beide Inszenierungen vom nunmehrigen Exchef der Salzburger Festspiele Sven-Eric Bechtolf stammen. Auch da gab es Zuspruch. Bei Ariadne traf der Applaus also auch Dirigent Marek Janowski. Bei der Walküre überzeugten die hervorragende Nina Stemme in der Titelrolle wie auch Tomasz Konieczny (als Wotan) und Christopher Ventris (als Siegmund).

Profund auch Adam Fischer am Pult des Wiener Staatsopernorchesters, was auch kein Wunder ist. Man kennt einander durch ausgiebige Wiener Zusammenarbeit. Tosender Applaus jedenfalls bei der Premiere im vollbesetzten Saal – mit seinen mehr als 2300 Sitzplätzen. (Flaminia Bussotti, 7.11.2016)