Kinderarzt Helmuth Howanietz mit einem jungen Patienten in seiner Ordination, die er nun als kindermedizinisches Zentrum führt, das auch am Wochenende offen hat.

Foto: Richard Tanzer

Wien – Das Kleinkind fiebert hoch. Es ist Wochenende. Was tun? Besorgte Eltern entscheiden sich in solchen und ähnlichen Fällen oft dafür, eine Krankenhausambulanz aufzusuchen. Das ist nicht selten mit langen Wartezeiten verbunden – und wäre aus fachlicher Sicht oft gar nicht nötig. Für gesundheitliche Notfälle, die der Abklärung durch einen Kinderarzt, aber nicht der Infrastruktur eines ganzen Spitals bedürfen, soll es daher zunehmend Alternativen geben.

Eine solche präsentierten die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) und die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), Ingrid Reischl, am Donnerstag in Wien-Leopoldstadt – gemeinsam mit Kinderarzt Helmuth Howanietz, der in der Oberen Augartenstraße 58 schon länger eine Ordination führt. Seit kurzem liegt Howanietz ein Bescheid vor, der es ihm ermöglicht, an dem Standort ein Institut mit längeren Öffnungszeiten und zusätzlichem Therapie-Angebot einzurichten und dort auch Kollegen anzustellen.

Kammerkritik aufrecht

Da die Ärztekammer dafür keinen Bedarf gesehen und ein Veto eingelegt habe, sei es erst nach dem Zug durch alle Instanzen möglich geworden, das kindermedizinische Institut zu realisieren, hieß es am Donnerstag bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der Einrichtung. Fast zehn Jahre habe es gedauert, um alle Instanzen gegen das Kammerveto durchzufechten, berichtete Wehsely.

Seitens der Wiener Ärztekammer bleibt man kritisch: Es sei nicht klar, warum Howanietz das Projekt bekommen habe. Es brauche gleiche Bedingungen für alle, sagte Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber dem STANDARD. Die Kammer werde den Vorgang – dass ein Ambulatorium (das nicht zwingend ein Arzt leiten müsste) bei laufendem Kassenvertrag eingerichtet wurde – rechtlich prüfen.

Noch länger offen

Sieben Mediziner sind im Kindermedizinischen Zentrum Augarten tätig, dazu zwei Ärzte in Ausbildung. Weiters soll bald medizinisches Personal für Ergo- und Kinderphysiotherapie, Logopädie und Psychologie seine Tätigkeiten anbieten, ebenso eine Kinderkrankenschwester, eine Diätologin und eine Hebamme. Die Einrichtung ist bereits Montag bis Freitag durchgehend von 9 bis 18 Uhr geöffnet, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 9 bis 13 Uhr. Unter der Woche soll künftig zusätzlich an zwei Tagen bereits ab 8 Uhr Betrieb sein sowie an einem Abend bis 20 Uhr.

200.000 Euro für Zusatzleistungen

Die Stadt Wien zahlt für die Zusatzleistungen 50.000 Euro, die WGKK 150.000 Euro. Die Kasse rechnet für die fachärztlichen Tätigkeiten zudem mit Aufwendungen in Höhe von etwa 700.000 Euro im Jahr. Derzeit wird nach Einzelleistungen abgerechnet. Ziel sei es, einen Mix aus der Abrechnung von Einzelleistungen und einer Pauschale zu finden, so Obfrau Reischl, für die das Institut "eine Vorreiterrolle" einnimmt. Beim KIZ Augarten müssen die Leistungen genau verzeichnet werden, das Projekt werde laufend evaluiert.

Veto-Option wackelt

Reischl sagte, sie führe derzeit bereits Gespräche über ähnliche Projekte und sei zuversichtlich, ein weiteres schon Anfang 2017 präsentieren zu können. So schwer wie für Kinderarzt Howanietz soll es für interessierte Mediziner bald nicht mehr sein, hofft Reischl, die weitere interessierte Ärzte dazu aufrief, sich zu melden. Denn im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen habe man sich bereits darauf geeinigt, dass die Ärztekammer bei der Einrichtung solcher Institute kein Vetorecht mehr haben soll, wenn die Politik einen Bedarf festgestellt hat.

Kinderärztliche Einrichtungen, die am Wochenende offen haben, gibt es auch schon auf dem Areal des Wiener Allgemeinen Krankenhauses und beim Kaiser-Franz-Josef-Spital. In seinem Leistungsumfang mit multiprofessionellem Team sei die am Donnerstag eröffnete Einrichtung in Wien bisher aber einzigartig, sagte Reischl. (Gudrun Springer, 3.11.2016)