SPÖ-Chef Christian Kern als Kanzler im politischen Gespann mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache?

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Oder gar ein Kanzler Strache mit einem Vize Kern? Unter welchen Bedingungen die SPÖ in Zukunft mit der FPÖ kooperieren könnte, klärt jetzt ein SPÖ-Gremium.

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Klagenfurt/Graz/Wien – "Wir müssen Peter Kaiser direkt dankbar sein, dass er die Sache jetzt in die Hand genommen hat. Das Thema war längst überfällig, das müssen wir endlich angehen", sagt der steirische SPÖ-Landesgeschäftsführer Max Lercher.

"Das Thema", auf das Lercher anspielt, ist das seit Jahren ungeklärte Verhältnis der SPÖ zur FPÖ. Ab Freitag dieser Woche wird ein eigenes, parteiinternes "Wertegremium", das sich aus Landesvertretern und dem Bundesgeschäftsführer zusammensetzt, rote Standpunkte definieren und Möglichkeiten ausloten, "inwiefern und unter welchen Bedingungen eine Kooperation mit den Freiheitlichen möglich sein wird", sagt Lercher. Es gehe letztlich darum, "die Trennlinien klar herauszuarbeiten und einen politischen Kriterienkatalog zu erstellen, der in der Praxis auch wirklich anwendbar ist".

"Unverrückbare Positionen"

"Die FPÖ ist nicht das einzige Thema, es geht allgemein um unverrückbare Positionen der SPÖ", präzisiert der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser im Gespräch mit dem Standard den Arbeitsauftrag an das von ihm initiierte Parteigremium.

Die Partei müsse für sich endlich und grundsätzlich die in den letzten Jahren immer brisanter werdende Frage von Koalitionen klären. Aber natürlich dränge die Frage des Verhältnisses zur FPÖ, zumal sich die SPÖ nach jeder Wahl in eine strategisch nachteilige Position begebe.

"Wir brauchen eine Veränderung zum jetzigen Status quo. Es gibt ein Parteidogma, und wir müssen warten bis zum nächsten entsprechenden Konzil, sprich Parteitag, bis das eventuell aufgehoben wird. Bis dahin sind wir eigentlich nicht handlungsfähig", sagt Kaiser. Es gehe darum, den strategischen Nachteil wegzubekommen. Der erste Schritt: Die Entscheidungen, ob und wie mit der FPÖ zusammengearbeitet wird, soll auf die jeweiligen politischen Ebenen verlagert werden. Es sei im politischen Alltag "sowieso nicht möglich", dass die Bundespartei in die Gemeinden, in die jeweiligen lokalen Beschlüsse hineinregiere.

Sonderparteitag

In der Praxis werde zwar auf Länder- und Gemeindeebene ohnehin längst partiell mit den Blauen kooperiert, dazu fehle aber nach wie vor ein entsprechender Parteitagsbeschluss. Das müsse geklärt werden, sagt Kaiser. Wie die Sozialdemokraten künftig mit Parteien wie der FPÖ umgehen sollen, müsse letztlich auf einer sehr breiten Parteibasis entschieden werden. Das könne von einem Sonderparteitag bis zu einer Urabstimmung unter den Parteimitgliedern oder einem Parteikonvent reichen. Kaiser: "Es müssen so viele wie nur möglich eingebunden werden – und sie müssen dann auch die Verantwortung für die Entscheidung übernehmen."

Schließlich die Kriterien selbst: Es gehe dabei eben nicht allein um die FPÖ – obwohl aktuell natürlich vordringlich um sie -, sondern etwa auch um neue Gruppierungen aus dem rechten, aber auch linken Rand. "Ich will klare Rahmenbedingungen: Das beginnt bei allgemeinen Werten wie der Anerkennung der Menschenrechte, dem Bekenntnis zu Österreichs Neutralität oder dem Bekenntnis zur Europäischen Union. Wobei auch Forderungen zum Beispiel nach einem Grundeinkommen mittelfristig hinzukommen könnten." Denn der Kriterienkatalog soll von der Konzeption her ein Work in Progress sein. "Die politischen Bedingungen verändern sich und so auch die Kriterien. Es kann etwa irgendwann auch einmal ein "Nein zur Todesstrafe, wer weiß, dazukommen", sagt Kaiser.

"Eher in Opposition"

Es sei jedenfalls eine grundsätzliche politische Standortbestimmung der SPÖ dringend nötig, damit sich andere Parteien orientieren können. Kaiser: "Jeder wird wissen, wofür die SPÖ steht."

Der roten Parteijugend schmeckt die Initiative Kaisers aber nicht besonders. "Ich wünsche mir eher ein klares Nein der SPÖ zur FPÖ. Diese steht für uns einfach nicht zur Diskussion", sagt die Vorsitzende des VSSTÖ, Katrin Walch sagt im Gespräch mit dem Standard. "Wenn schon Kriterien erstellt werden sollen, dann solche, dass die FPÖ mit Sicherheit nicht drüberkommt. Wenn das Kriterien werden sollen, mit denen die FPÖ mitkann, dann haben wir ein Problem", sagt Walch.

Sie vermutet, das Parteigremium werde "irgendetwas Verwässertes" produzieren, "damit die zwei Flügel in der Partei besänftigt werden". Man solle vielmehr andere politische Varianten andenken. Wenn es dafür nach Wahlen keine Mehrheit gebe, "dann bin ich eher für die Opposition als eine Koalition mit der FPÖ. Die Opposition täte der Struktur der Partei wahrscheinlich gar nicht so schlecht." (Walter Müller, 2.11.2016)