Der Horrorclown-Hype ist zu Halloween in Europa angekommen. Analysiert man die Bedeutung dieser demokratiepolitischen Schreckgespenster und der damit verbundenen Angst vor rechts, so lassen sich durchaus Parallelen erkennen.

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Derzeit halten Horrorclowns nicht nur die österreichische Medienlandschaft auf Trab. Weltweit häufen sich Berichte über die gruseligen Gesellen. Interessant ist, dass sich zur selben Zeit auch auf der politischen Bühne immer mehr gruselige Gesellen Gehör verschaffen und einem kalte Schauer über den Rücken jagen. Pegida, Identitäre und andere Bewegungen erschrecken viele Volksvertreter und sorgen durch ihr Erscheinen in Fernsehformaten wie "Talk im Hangar-7" für Aufregung und sogar kleine Skandale. Als Neue Rechte werden diese Gruppen, Strömungen und Bewegungen bezeichnet und von einigen gescheut wie das Weihwasser vom Teufel. Sind diese neuen politischen Erscheinungen ernst zu nehmen, oder stellen sie bloß politische Horrorclowns dar?

In Stephen Kings Roman "Es" schaffte es ein böser Clown, eine ganze Stadt in Angst und Schrecken zu versetzen und eine Gruppe von Freunden zu traumatisieren. Ähnlich wie in der Fiktion dürfte es momentan vielen politischen Akteuren gehen, die sich mit aktuellen rechten Phänomenen konfrontiert sehen. Analysiert man die Bedeutung dieser demokratiepolitischen Schreckgespenster und der damit verbundenen Angst vor rechts, so lassen sich durchaus Parallelen erkennen. Ähnlich wie das böse "Es" im Roman dürfte auch die Neue Rechte manchen wie ein unbezwingbares Monster erscheinen. Man weiß nicht, wer sich hinter der Maske verbirgt, und das macht Angst.

Wirkung und Stärke

Analog zum Horrorclown-Phänomen stellt sich nun die Frage, wie gefährlich diese politischen Gruppen wirklich sind oder es eben nur kurzzeitige gruselige Erscheinungen sind, die das politische Establishment erschrecken, um anschließend wieder zu verschwinden. Die neuen rechten Bewegungen versuchen wie Horrorclowns durch Zuhilfenahme von Utensilien wie Kunstblut ihren Schreckeffekt in der öffentlichen Wahrnehmung zu verstärken. Wie bei Stephen King verkörpert die Neue Rechte für viele Politiker das pure Böse und schafft es auch wie im Roman, Illusionen zu erzeugen, die die Parteien für real halten, deren Wirkung und Stärke aber mehr in der Vorstellungswelt, basierend auf Ängsten der klassischen Parteien, existiert als in der Wirklichkeit.

Identitäre und andere Bewegungen konfrontieren Politiker in ganz Europa anscheinend mit ihrer größten Furcht. So wie im Roman werden sich die etablierten Parteien den neuen Bewegungen weit rechts der Mitte stellen müssen. Dabei wird es nicht reichen, bloß über sie zu reden, sondern sie müssen diese mit besseren Argumenten auf dem politischen Spielfeld schlagen.

Demaskierung auf der politischen Bühne

Fakt ist, politische Horrorclowns können ihre volle Macht nur entfalten, wenn man sie fröhlich im Dunkeln operieren lässt. Dadurch werden sie stärker und haben die Möglichkeit, immer mehr Anhänger zu gewinnen. Angst zu haben und ihnen die Bühne zu nehmen bedeutet nicht, dass sie nicht mehr existieren – im Gegenteil. Hierbei finden sich immer mehr derjenigen, die sich ebenso ungerecht behandelt und aus dem Rampenlicht gedrängt fühlen, was diese nur stärker macht. Will man die Horrorclowns in der Politik demaskieren, so muss man sie auf die politische Bühne treten lassen und die Möglichkeit nutzen, zu demonstrieren, wie falsch ihr clowneskes Verhalten ist, und den Menschen andere, wesentlich bessere Wege aufzuzeigen.

Dazu braucht es aber Politiker mit Mut und Verstand, welche die Stärke, das Einfühlungsvermögen und das Selbstvertrauen besitzen, nicht nur für sich selbst den richtigen Weg zu gehen, sondern auch andere, unsicherere Menschen an der Hand zu nehmen und auf diesen mitzunehmen. Andernfalls werden weiterhin Unverständnis und letzten Endes Hass unter den Menschen regieren, und aus einem kurzfristigen Phänomen werden wahre Monster. Am Ende darf man nie vergessen, dass Monster zumeist nur in unserer Vorstellung existieren, denn auch ein Horrorclown bleibt ein Clown. Nicht mehr und nicht weniger. (Daniel Witzeling, 2.11.2016)