Josefin Öhrn + The Liberation – "Mirage" (Rocket Recordings / Trost)

cover: Rocket Recordings

Das junge schwedische Quartett mag zwar hörbar die britische Psychedelia der 1960er-Jahre lieben. Das Wabern und Dröhnen, indisch angehauchte Geklöppel und breite Fläzen auf flokatiweichen Keyboardteppichen mag auf dem neuen, zweiten Album Mirage oft gar kein Ende nehmen. Trotzdem ist die Band um Sängerin Josefin Öhrn auch eindeutig im Heute geerdet.

Rocket Recordings

Hier auf dem dritten Planeten neben der Sonne hört man, abgesehen von imaginären Sternenfahrten hin zu Planeten voller "endloser Ozeane" und metallisch nach Acid schmeckenden Rainbow Lollipops, immerhin auch sehr irdische, dringlich pumpende, vom Rockabilly entlehnte Rockrhythmen, die einst auch Synthiepop-Pioniere wie die New Yorker Suicide um den heuer verstorbenen Alan Vega kennzeichneten. Stichwort: Rocket USA.

Die Gitarren kämpfen sich gern im Moment der höchsten Ekstase (Rushing Through your Mind) mittels schnellen Gehackes im Doppeltakt durch von Sonic Youth entwickelte Lärmschlieren. Am Ende der Stücke versinkt die Welt oft unter mächtigen Noise-Tsunamis. Aber eben nur ein bisschen.

Josefin Öhrn haucht ihre lieblichen Melodien wie einst Jane Birkin für Serge Gainsbourg. Das nimmt der Sache an Unerbittlichkeit und macht sich öfters hörbar. Wenn man Mirage laut konsumiert, hat man danach einen Pseudotinnitus mit Zuckerguss ausgefasst. Ein Album des Jahres. (schach, Rondo, 4.11.2016)