Wenn ein Papst sich in den protestantischen Norden verirrt, ist das eigentlich schon ungewöhnlich genug. Ein Pontifex besuchte Schweden das letzte Mal vor mehr als 25 Jahren. Dass Papst Franziskus im Dom von Lund ausgerechnet am Jahrestag der Reformation mit lutherischen Geistlichen am Altar steht und betet, darf man getrost in die Kategorie Wunder einordnen.

Jahrhunderte war so ein ökumenisches Zusammentreffen undenkbar. Der schwedische Kurzbesuch von Papst Franziskus ist daher weit mehr eine wohlwollende Geste in Richtung evangelische Kirche. Es ist das Ende einer Placebo-Ökumene. Ein konfessionsübergreifendes Zusammentreffen auf Augenhöhe. Papst Franziskus hat im hohen Norden einen historischen Schritt getan.

Eindrucksvoll hat sich gezeigt, dass dieser Pontifex nicht nur eine weiß gewandete Marionette am Stuhl Petri ist. Der erste Mann im Kirchenstaat scheut sich nicht davor, Grenzen zu überschreiten – und bewusst zu provozieren. Die Kritik im eigenen Haus lässt der Heilige Vater demütig über sich ergehen. Denn der Flug nach Schweden hat wohl vor allem intern schwere Turbulenzen ausgelöst. Wenn der Papst mit den Protestanten die Kirchenspaltung feiert, dreht es wohl in Rom so manch erzkonservativem Kardinal den Magen um.

Theologisch gesehen gilt es aber am Kirchenboden der Tatsachen zu bleiben: Es wäre naiv zu glauben, dass dank Gebet, Lachs und Knäckebrot in nur zwei Tagen plötzlich ausschließlich das Gemeinsame vor dem Trennenden steht. Auch wenn es auf vielen Ebene für beide Seiten heute tatsächlich kein Problem ist, als eine Kirche aufzutreten: In heiklen Punkten, wie etwa dem Abendmahl, sind die Grenzen klar gezogen.

Aber mit dem Zusammentreffen von katholischen und evangelischen Spitzenvertretern in Lund wurde eine neue Basis geschaffen. Die Motivation, den steinigen Weg der Ökumene weiter zu gehen, ist zurück. Oder wie Papst Franziskus in seiner Predigt formulierte: "Wir Katholiken und Lutheraner haben begonnen, auf dem Weg der Versöhnung voranzugehen." (Markus Rohrhofer; 01.11.2016)