Düsseldorf/Köln – Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Silvestergewalt in Köln als "nicht vorhersehbar" bezeichnet. "Derartige sexuelle Übergriffe gab es in der Vergangenheit in Deutschland in dieser massiven Form nicht", sagte de Maizière am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Auch Bundespolizeipräsident Dieter Romann äußerte vor dem Gremium die Einschätzung, das Ausmaß der Übergriffe sei "in keiner Weise vorhersehbar" gewesen. Die Bundespolizei hatte nach Darstellung ihres Behördenleiters kaum Möglichkeiten, Straftäter festzunehmen.

Teilweise hätten die Beamten Verdächtige stehenlassen müssen, um Opfern anderswo zu helfen, berichtete Romann. "Die Abwehr unmittelbarer Gefahr hat Vorrang vor der Strafverfolgung", sagte der Bundespolizeipräsident. Mit 67 Beamten habe die Bundespolizei zu Silvester 2015 bereits deutlich mehr Kräfte am Kölner Bahnhof eingesetzt als in den Jahren zuvor. Eine weitere Verstärkung sei nicht möglich gewesen.

Warnung vor Generalverdacht

De Maizière betonte, der Rechtsstaat dürfe "nicht zulassen, dass Menschen in unseren Städten derartigen Übergriffen ausgesetzt sind". "Die Ereignisse dürfen auch nicht dazu führen, dass nunmehr Flüchtlinge, gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden", fügte der Innenminister hinzu.

In einer Erklärung vor dem Düsseldorfer Untersuchungsausschuss äußerte sich de Maizière auch zu einem Interview, in dem er sich am 5. Jänner kritisch zum Einsatz der Kölner Polizei in der Silvesternacht geäußert hatte. Damals hatte der deutsche Innenminister gesagt, es könne nicht sein, dass solche Ereignisse stattfänden "und man wartet auf Anzeigen. So kann Polizei nicht arbeiten."

Dazu sagte de Maizière am Montag vor dem Landtagsgremium, ihm sei bewusst, dass die eingesetzten Beamten "unter größter körperlicher und psychischer Belastung gehandelt haben und dass sie ihr Bestes versucht haben, eine Massenpanik zu verhindern und Frauen vor weiteren sexuellen Übergriffen zu schützen". Bei seiner Aussage sei es ihm darum gegangen, "dass eine solche Situation in unserem Rechtsstaat nicht noch einmal eintreten darf", hob de Maizère hervor.

Übergriffe zu Silvester

In der Silvesternacht hatten überwiegend aus dem nordafrikanischen Raum stammende Täter am und im Kölner Hauptbahnhof massive sexuelle Übergriffe auf Frauen und Diebstahldelikte verübt. Die Polizei konnte den Großteil der Taten nicht unterbinden und den Opfern nicht helfen. Die Übergriffe lösten eine deutschlandweite Debatte über den Umgang mit straffälligen Flüchtlingen aus.

Der Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags hat an bisher 50 Verhandlungstagen 156 Zeugen vernommen. Seinen Abschlussbericht will das Gremium am 6. April 2017 vorlegen. (APA, 31.10.2016)