EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Kanadas Premier Justin Trudeau sollten Ceta nicht überverkaufen.

Foto: AFP/Lenoir

Es ist grundsätzlich positiv, dass das EU-Kanada-Freihandelsabkommen Ceta doch noch unterzeichnet werden konnte. Die EU hat sich damit eine Blamage erspart, und Handelserleichterungen haben auf die Volkswirtschaft immer positive Auswirkungen. Sie schaffen mehr Wachstum und eine bessere, wenn auch nicht immer höhere Beschäftigung. Auch wenn bestimmte Gruppen durch Freihandel verlieren: Die Gemeinschaft – da sind sich die meisten Ökonomen einig – gewinnt immer.

Aber das heißt nicht, dass der Nutzen von Ceta für Konsumenten und Betriebe sofort sichtbar werden wird, wie es EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström im ORF-"Morgenjournal" am Montag behauptet hat. Im Gegenteil: Unternehmen und Verbraucher werden Ceta zunächst kaum merken.

Kanadas Wirtschaft ist nicht sehr groß

Das liegt erstens daran, dass Kanada mit seinen 36 Millionen Einwohnern kein besonders großer Wirtschaftspartner für Europa ist und dies auch nicht werden kann.

Und zweitens wirken die Vorteile einer Handelsliberalisierung immer erst allmählich, sodass es die meisten gar nicht merken. Die Exporte nach Kanada werden etwas steigen, und attraktive Produkte und Dienstleistungen aus Nordamerika werden die europäischen Märkte bereichern. Aber nur ganz wenige Unternehmen werden Verkaufserfolge oder einen kleinen Produktivitätsgewinn auf Ceta zurückführen.

Die Gegner werden nicht leiser werden

Zu Wort werden sich höchstens jene wenigen melden, die eine neue Konkurrenz zu spüren bekommen – und dann lautstark gegen Ceta Stimmung machen.

Das ist das Unglück des Freihandels – die Vorteile sind diffus und unmerklich, die Nachteile zwar geringer, aber konzentriert und daher in der Öffentlichkeit zu verkaufen.

Ceta wird überverkauft

Wenn Malmström nun verspricht, dass der Nutzen von Ceta viele Kritiker zum Verstummen bringen wird, dann macht sie den gleichen Fehler wie sehr viele Freihandelsbefürworter: Sie überverkauft eine grundsätzlich gute Sache und bietet dadurch Angriffsflächen für die Gegner.

Die Ceta-Debatte wird ungebremst weitergehen, und es ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass das Abkommen je von allen nationalen Parlamenten ratifiziert und dann komplett umgesetzt werden kann.

Es geht auch ohne Schiedsgerichte

Das ist keine Katastrophe, denn die nunmehr beschlossenen Handels- und Zulassungserleichterungen sind wichtiger als die umstrittenen Schiedsgerichte. Wenn es gelingt, diesen Teil von TTIP in den kommenden Jahren umzusetzen, wäre der EU und den USA schon sehr viel geholfen.

Aber Applaus soll niemand erwarten. Freihandel bleibt das Aschenputtel der modernen Weltwirtschaft. Er schafft Wohlstand und wird dennoch von so vielen verachtet. (Eric Frey, 31.10.2016)