Bis sich iOS und Mac OS sinnvoll zusammenlegen lassen, muss Apple die Macbooks auf kleiner Flamme weiterentwickeln.

Foto: APA/AFP/JOSH EDELSON

Mit einem schön gestalteten All-in-one-PC mit Touchscreen, verstellbarer Halterung, flotter Hardware und einem interessanten neuen Eingabegerät konnte Microsoft vergangene Woche überraschen. Neben der Vorstellung des Surface Studio spendierte man auch dem eigenen Laptop, dem Surface Book, ein Upgrade.

Umgekehrte Vorzeichen

Während sich die Redmonder also in eine neue Produktkategorie vordrangen und dabei auch neue Impulse zu setzen vermochten, nahm sich Apples Event am Folgetag nach Ansicht vieler Beobachter recht unspektakulär aus. Ein Hardwareupdate für das herkömmliche Macbook Pro und eine neue Variante mit "Touchbar", die die klassischen Funktionstasten mit einem Oled-Touchbildschirm ersetzt, auf dem je nach Programm verschiedene Funktionen angeboten werden.

Dass Microsoft jene Firma ist, die mit neuen, gut designten Produkten begeistert und Apple ein vergleichsweise wenig aufregendes Update liefert, ist eine weitere Umkehrung des lange gewohnten Ablaufs. Lange war es Microsoft, das für eher langweilige Vorstellungen bekannt war. Mit der Surface-Reihe hat sich das in den vergangenen Jahren geändert.

Apple wartet auf die Verschmelzung

Bei "Business Insider" liefert man eine interessante Theorie dafür, warum sich die Macbook-Welt nur noch langsam dreht. Der Laptop hat für Apple schlicht an Relevanz verloren. Schon seit Jahren ist das iPhone der große Einkommensbringer für den Konzern, während die Mac-Sparte seit 2012 kaum noch wächst. Dass man im klassischen PC-Segment noch viel an Boden gutmachen kann, erscheint unwahrscheinlich.

Die Vision ist eine andere: Langfristig plant Apple wohl die Zusammenführung von iOS und Mac OS. In welche Richtung der Zug fährt, zeigt das vor einem Jahr vorgestellte iPad Pro, das Apple-CEO Tim Cook als "Laptopersatz" angepriesen hat. Doch dafür gibt es noch zu viele Einschränkungen. Hardware und Software müssen noch die eine oder andere Hürde nehmen, ehe überzeugende Ergebnisse möglich sind.

Bis es so weit ist, hat Apple keine andere Wahl, als das Macbook zu erhalten und vorsichtig weiterzuentwickeln. Denn es gilt, eine Nutzerbasis zu erhalten, die den nächsten Schritt mitmachen soll. Apple in Warteposition eröffnet eine Gelegenheit für die Konkurrenz.

Microsoft will Windows-10-Wachstum ankurbeln

Hatte Microsoft zwei Generationen lang Probleme damit, sein Surface Convertible zu einem überzeugenden Produkt zu machen, funktioniert die Kombination aus Tablet und Notebook seit dem dritten Anlauf – wenn auch mit kleineren Einschränkungen. Mit dem Surface Book zeigte man, dass man auch ein auf Notebook-Nutzung fokussiertes Gerät umsetzen kann. Die Surface Station ist nun ein klarer Fingerzeig, dass der einst auf Windows und Office fokussierte Konzern auch dem iMac die Stirn bieten kann.

Für Microsoft geht es dabei nicht zwingend darum, Apple aus seiner komfortablen Nische im PC-Markt zu drängen, auch wenn man mit Preisnachlässen für Macbook-Rückgaben entsprechende Incentives für US-Kunden schafft. Vielmehr will man zeigen, dass man wieder ein innovationsfreudiges Unternehmen geworden ist. Die positive Resonanz schafft Momentum, von dem die Verkäufe von Windows-Geräten allgemein profitieren könnten.

Denn letztlich möchte man hauptsächlich an Dienstleistungen verdienen, was mit einer größeren Installationsbasis von Windows 10 erleichtert wird. Ob sich Käufer nun für die relativ teuren Surface-Geräte entscheiden oder zu einem Dritthersteller greifen, ist für Microsoft unter diesem Aspekt relativ egal. Apple hingegen steht vor der schwierigen Aufgabe, eine Technikgeneration überbrücken zu müssen. Tim Cook hat bereits angekündigt, dass die Touchbar nur der Anfang zukünftiger Innovationen gewesen sein soll. (gpi, 1.11.2016)