Nijmegen – Wer Mutationen am Gen Foxp2 aufweist, hat Probleme damit, aus sprachlichen Lauten Wörter und ganze Sätze zu formen. Das für die menschlichen Sprache so wichtige Gen beeinflusst offenbar auch bei Mäusen die Kommunikation: Wissenschafter der Duke Universität und des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nijmegen haben nun entdeckt, dass die Ultraschallrufe, mit denen die Mäusemännchen die Weibchen umwerben, bei einer Foxp2-Mutation kürzer werden und einfachere Silbenfolgen besitzen.

2001 haben Forscher um Simon Fisher die Ursache für Sprachlernprobleme innerhalb einer britischen Großfamilie entdeckt. Eine seltene Mutation des Foxp2-Gens, die in der Familie über Generationen weitervererbt worden ist, liegt demnach den Schwierigkeiten beim Sprechen zugrunde. "Menschen mit diesem genetischen Defekt sprechen fehlerhaft. Diese Fehler werden größer, je länger und komplizierter die Sätze werden", sagt Fisher, Direktor am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik.

Um herauszufinden, wie diese Mutation Sprache beeinflusst, haben der Sprachforscher und seine Kollegen von der Duke Universität nun Mäuse untersucht. "Mäuse spiegeln zwar die sprachlichen Fähigkeiten des Menschen nicht exakt wieder. Auch können sie wahrscheinlich nicht wie wir eine Aussprache erlernen. Aber sie kommunizieren miteinander über Laute", sagt Erich Jarvis von der Duke Universität.

Ohne Foxp2 wird falsch gesungen

Mäuse fiepen und piepsen nicht nur, sie kommunizieren auch über Ultraschall. Für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar rufen junge Mäuse beispielsweise um Hilfe, wenn ihre Mutter nicht in der Nähe ist. Ausgewachsene Männchen wiederum wollen Weibchen mit ihren Liedern beeindrucken. Die Ultraschalllaute folgen in den verschiedenen Liedern in einer festgelegten Reihenfolge aufeinander. Diese Anordnung gerät bei männlichen Mäusen mit einer Foxp2-Mutation durcheinander.

Die Wissenschafter haben die Ultraschall-Lieder von 50 ausgewachsenen Männchen aufgenommen, die Hälfte davon mit einer Mutation ihres Foxp2-Gens. In der Nähe eines empfangsbereiten Weibchens sind die Lieder der Tiere demzufolge komplexer. Tiere mit einer Foxp2-Mutation ändern dagegen ihre Syntax in der Nähe von Weibchen nicht. "Es scheint, als könnten sie keinen Ton herausbringen", sagt Fisher.

"Unsere Studie zeigt, dass wir auch von Mäusen viel über den Einfluss von Genen auf unser Sprachvermögen lernen können. Je größer der technologische Fortschritt der Gen-Sequenzierung ist, desto mehr Gene werden wir finden, die für Sprachprobleme verantwortlich sind", sagt Fisher, der auch eine Professur für Sprache und Genetik am Nijmegener Donders Institut hat. Die Erkenntnisse können für Kinder mit Sprachproblemen eines Tages von Bedeutung sein, denn Gene spielen dabei wahrscheinlich eine wichtige Rolle. (red, 5.11.2016)