Phoenix (Arizona)/Washington – Donald Trump hat die neuen Enthüllungen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton für eine Offensive im US-Wahlkampf genutzt. Die Demokratin sei schuldig, erklärte der Republikaner am Wochenende bei Veranstaltungen in Phoenix in Arizona und der Kleinstadt Golden in Colorado.

Clinton stehe für Korruption in öffentlichen Ämtern, die "eine ernste Bedrohung unserer Demokratie" darstelle. Dem Justizministerium warf er vor, sich im Wahlkampf auf die Seite seiner Rivalin zu stellen. "Wenn das Ergebnis schon vorher feststeht, wenn das System verdorben ist, verlieren die Menschen ihre Hoffnung", sagte Trump. "Sie hören auf, zu träumen. Sie hören auf, Dinge zu versuchen."

Neue E-Mails, Relevanz unklar

Der Geschäftsmann erneuerte seinen Vorwurf, die Wahl am 8. November werde manipuliert. In Umfragen liegt er deutlich hinter seiner Rivalin. Clinton hat ihrerseits erklärt, Trump sei für das höchste Amt im Staat ungeeignet.

Das FBI hatte am Freitag bekanntgegeben, in der Affäre um Clintons dienstliche Nutzung eines privaten Servers seien neue E-Mails aufgetaucht. Den Angaben der Bundespolizei zufolge ist deren Relevanz jedoch unklar. Einzelheiten wurden nicht bekannt.

Justizministerium war gegen Schritt des FBI

Clinton forderte FBI-Chef James Comey erneut zur Offenlegung aller Informationen auf. "Es ist ziemlich merkwürdig, wenn er direkt vor der Wahl mit so etwas an die Öffentlichkeit geht und dabei so wenige Informationen bekannt gibt", sagte sie vor Anhängern in Florida. Der Staat dürfte eine Schlüsselstellung bei der Abstimmung spielen. Die beiden Kandidaten liegen in Umfragen gleichauf.

Die Folgen der Enthüllungen für den Ausgang der Wahl sind unklar. Einem Insider zufolge war das US-Justizministerium gegen den Schritt des FBI so kurz vor dem Wahltermin. Vier US-Senatoren forderten Comey und Justizministerin Loretta Lynch auf, bis Montag nähere Informationen vorzulegen.

Insidern zufolge tauchten die jüngsten E-Mails im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Ex-Abgeordneten Anthony Weiner auf, den in Trennung lebenden Mann von Clintons Spitzenberaterin Huma Abedin. Ihm wird vorgeworfen, einer 15-Jährigen anzügliche Nachrichten gesendet zu haben.

Strategiewechsel bei Trump

Trump liegt jüngsten Umfragen zufolge hinter Clinton. Die meisten Experten halten es für kaum möglich, dass er in den verbleibenden Tagen die Führung übernehmen kann, auch weil in vielen US-Staaten seit Wochen abgestimmt wird. Bei den Wählern, die in den vergangenen beiden Wochen ihre Stimmen abgaben, liegt Clinton mit 15 Prozentpunkten vorne, wie eine Studie von Reuters und dem Forschungsinstitut Ipsos ergibt.

Nun deutet sich ein ungewöhnlicher Strategiewechsel des 70-Jährigen an: Er soll am Sonntag in New Mexico und am Montag in Michigan auftreten – zwei Staaten, in denen eine Mehrheit für die Demokraten erwartet wird. Normalerweise konzentrieren sich Präsidentschaftskandidaten auf große Staaten, die auf der Kippe stehen. So liegt Phoenix in Arizona, einem eher konservativen Staat, der in diesem Jahr jedoch an die Demokraten gehen könnte. (APA, Reuters, 30.10.2016)