Gutes Essen muss nicht teuer sein. Eine warme Suppe hat wesentlich mehr Potenzial, als nur Sättigungsgefühl herzustellen. Genuss durch gesundes und schmackhaftes Essen bedeutet auch die Grundlage eines zufriedenen Leben – und kann obdachlosen Menschen wieder auf die Füße helfen.

Der Begriff Suppenanstalt stammt aus dem 18. Jahrhundert, als Suppenküchen als weltliches Gegenstück zur Armenspeisung in Klöstern in vielen europäischen Großstädten entstanden sind und Menschen durch die harten Wintermonate brachten. Das bekannteste Rezept, die Rumfordsuppe, stammt aus dem Jahr 1790. Benjamin Thompson, Graf von Rumford, lobte die Gerste "als den Reis Großbritanniens": "Sie giebt also einer Suppe, von der sie einen Bestandtheil ausmacht, einen Reichthum an nährendem Stoff, den nichts anderes zu geben im Stande ist."

Über den Tellerrand hinausblicken

"Shades Tours" ermöglicht Menschen in einer prekären Wohnsituation eine wertschätzende Beschäftigung und den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt. Obdachlose Guides führen kleine Gruppen durch die Stadt und zeigen Plätze, die ihre Lebenssituation betreffen. Außerdem organisiert "Shades Tours" Kochgruppen in Wiener Obdachlosenheimen. Bei der "Shades Tours Challenge" kochen Food-Blogger in einem Obdachlosenheim. Unter dem Motto "Mahlzeit? Sozialzeit!" koche ich am 9. November für 55 Männer der Wiener Notschlafstelle Vinziport "mit nichts". Mein Kochteam und ich wissen im Vorfeld nicht, welche Zutaten verfügbar sind – Improvisation wird also gefragt sein!

Arme-Leute-Essen

In alten Kochbüchern gibt es viele einfache und schmackhafte Gerichte oder Eintöpfe als Alternative zur Rumfordsuppe. Sie wurden aus wenigen Zutaten kreiert, mussten günstig herzustellen sein, satt machen und Kraft geben.

Der widerstandsfähige Buchweizen, ein Knöterich-Gewächs (kein Getreide) und glutenfrei, stellte wenig Ansprüche an die Böden und war in meiner Heimat Luxemburg weit verbreitet. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Stärzelen – Nockerln aus Buchweizenmehl, Wasser und Salz – als Arme-Leute-Essen verpönt, und der Buchweizenbestand ging zurück.

foto: neuensausderküche

Zutaten (für vier Portionen)

  • 300 g Buchweizenmehl
  • 600 ml Wasser
  • 1/2 EL Salz
  • 1/2 Kohl oder Wirsing
  • 50 g Speck
  • 50 g Butter
  • 10 cm Lauch
  • 1 Spritzer Zitronensaft
  • Salz
  • Koriander
  • Pfeffer
  • eventuell ein paar Parmesanspäne

Zubereitung

Den Kohl in feine Streifen schneiden und waschen. Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Salz zufügen. Den Kohl in acht bis zehn Minuten bissfest garen. Nicht zu lange, damit die schöne Farbe erhalten bleibt! Abseihen und zurück in den Topf geben, etwas Olivenöl und Zitronensaft zufügen und warm halten.

Den Speck in Streifen schneiden, den Lauch fein würfeln, und beides gemeinsam in einer Pfanne in Butter goldgelb anbraten. Die Pfanne beiseitestellen. In einem kleineren Topf 600 ml Wasser für die Stärzelen zum Kochen bringen. 1/2 EL Salz zufügen und unter Rühren das Mehl hineinrieseln lassen. Kräftig weiterrühren, bis der Teig eindickt und die Flüssigkeit aufgesaugt wurde. Von der Herdplatte nehmen und die Pfanne mit dem Speck wieder aufstellen.

Mit einem Esslöffel nicht zu große Nockerln von dem Teig abstechen und in die Pfanne mit dem Speck geben. Eventuell den Löffel immer wieder ins Wasser eintauchen, sollte der Teig zu sehr kleben. Die Nockerln im Speck schwenken. Den Kohl auf den Tellern verteilen und mit Nockerln anrichten. Etwas gemörserten Koriander oder frisch gemahlenen Pfeffer darüberstreuen.

Traditionell wird Milch oder Schlagobers erhitzt und über die Speckstärzelen gegossen und mit Petersilie angerichtet (man kann aber auch etwas Parmesan darüberreiben – einfach ausprobieren, was am besten schmeckt!). Für körperlich weniger geforderte Zeitgenossen sind solche traditionellen Rezepte oftmals zu deftig, liegen schwer im Magen und machen müde. Bekömmlicher werden diese Speisen in Kombination mit Gemüse.

Aus der Sicht der TCM

Buchweizen stärkt nach langer Krankheit oder bei körperlicher Belastung. Er ist gut für die Durchblutung und kann helfen, Durchfall zu lindern. Kohl und Wirsing regen die Verdauung an. Wer zu Blähungen neigt, gibt zu Kohl oder Wirsing etwas frischgehackten Ingwer hinzu. (Pascale Neuens, 29.10.2016)