Ein Adeliepinguin im antarktischen Rossmeer. Hier soll das weltweit größte Meeresschutzgebiet entstehen.

Foto: APA/AFP/Antarctic Ocean Alliance

Sydney – In einem historischen Deal haben sich 24 Staaten und die Europäische Union einstimmig auf eine riesige Meeresschutzzone in der Antarktis geeinigt. Der Durchbruch kam am Freitag nach jahrelangen Verhandlungen und gegen den anfänglichen Widerstand von Russland beim Treffen der Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) in Hobart auf Tasmanien.

Das neue Meeresschutzgebiet im ökologisch bedeutsamen Rossmeer soll 1,55 Millionen Quadratkilometer umfassen. Das Ausmaß entspricht der kombinierten Fläche von Deutschland, Frankreich und Großbritannien oder der 18,5-fachen Fläche von Österreich. Im größten Teil – 1,12 Millionen Quadratkilometer – soll jegliche Fischerei verboten werden.

Kompromiss bringe "Gleichgewicht"

Die Verhandlungen hatten 2012 begonnen. Zuletzt hatte sich nur noch Russland gegen die Ausweisung des Schutzgebiets gewandt, weil es Nachteile für seine Fischereiflotte fürchtete. Der nun gefundene Kompromiss bringe "den Schutz des Meeres, nachhaltige Fischerei und die Interessen der Forschung in ein Gleichgewicht", sagte der neuseeländische Außenminister Murray McCully in Hobart.

Ein Verbund von Umweltschutzorganisationen, die Antarctic Ocean Alliance, lobte die Entscheidung als bahnbrechend. Es sei die erste Schutzzone dieser Art in internationalen Gewässern. "Es ist überhaupt die größte Meeresschutzzone", sagte Sprecherin Elsa Evers. In den Gewässern rund um den eisigen Kontinent leben Pinguine, Robben und unzählige Arten von Fischen.

Zum Überleben in kältere Gefilde

Weil das Gebiet so abgelegen und so unwirtlich ist, dass kaum Schiffe dorthin fahren, ist das Ökosystem nach Angaben von Wissenschaftern noch weitgehend intakt. Es gilt als Schatzkammer des Meeres, mit zahlreichen einzigartigen Lebewesen sowie Krill und kleinen Fischarten, die Meeressäugern als Lebensgrundlage dienen. Durch die Erwärmung der Meere dürften viele Arten zum Überleben in die kälteren Gefilde rund um die Antarktis wandern, glauben Wissenschafter.

In der Antarktis gibt es einige Dutzend Forschungsstationen. Dort werden unter anderem die Folgen des Klimawandels auf die Meere untersucht. "Hier ist heute Geschichte geschrieben worden" meinte Verbund-Sprecher Mike Walker. "Hier wird das gesündeste Ozeangebiet der Welt geschützt." Der Kontinent selbst war bereits geschütztes Gebiet, nicht aber große Teile der Meere rundum.

Die Umweltstiftung WWF kritisierte, dass die Einigung zunächst nur für 35 Jahre gilt. "Meeresschutzzonen müssen auf Dauer eingerichtet werden"; sagte Chris Johnson vom WWF Australien.

Eismasse für friedliche Zwecke

Die Antarktis ist abgesehen von den Forschungsstationen ein unbewohnter Kontinent rund um den Südpol. Er ist fast vollständig von Eis bedeckt. Es ist die größte Eismasse der Erde, teils mehr als 4.000 Meter dick. In den Wintermonaten von März bis September geht die Sonne nie auf, in den Sommermonaten nie unter. Die Antarktis ist etwas größer als Europa und hat die kältesten Temperaturen der Welt: teils minus 90 Grad. Der internationale Antarktis-Vertrag von 1959 legt fest, dass der Kontinent von Wissenschaftern verschiedener Nationen ausschließlich zu friedlichen Zwecken genutzt werden kann. (APA, red, 28.10.2016)