Die Zahl der Knieverletzungen steigt bei Frauen fast doppelt so schnell wie bei Männern. Das zeigte die Auswertung von Patientendaten in Deutschland.

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Berlin – Um die Verletzungsraten bei Männern und Frauen zu ermitteln, haben die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg, das Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie der Universität Mannheim, das Sportinstitut der Universität Karlsruhe und der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) die Daten von 3,8 Millionen Versicherten aus den Jahren 2008 bis 2013 ausgewertet.

In diesen Jahren war rund jeder zehnte Versicherte wegen einer Verletzung in ärztlicher Behandlung. Vor allem die Knieverletzungen haben zugenommen: Bei den Frauen lag der Anstieg mit fast zehn Prozent doppelt so hoch wie bei den Männern. "Insgesamt ist die Verletzungsrate am Knie bei den Männern aber höher", sagt BVOU-Präsident Johannes Flechtenmacher.

Geschlechtsspezifische Prävention

Bei jungen Männern und Frauen sind Sportunfälle der häufigste Grund für eine Verletzung – vor allem beim Skifahren: Die Anzahl der Kniebandverletzungen war bei Frauen während der jeweiligen Skisaison um fast 30 Prozent höher als im Jahresmittelwert. Von Knochenbrüchen im Kniebereich sind beide Geschlechtern etwa gleich häufig betroffen. Während Männer aber in jedem Alter gleich häufig einen Bruch erleiden, nimmt das Risiko bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr um das Siebenfache zu. Grund dafür sei die geringere Knochendichte nach den Wechseljahren, mit der ein höheres Sturzrisiko einhergeht, betont der Experte.

Auch die Gefahr für einen Bruch an der Hüfte oder am Oberschenkelhals steigt mit zunehmenden Alter: Die European Association of Orthopaedics and Traumatology erwartet, dass sich die Zahl der Brüche in diesem Bereich bis 2050 verdoppeln wird. "Um zu verhindern, dass immer mehr ältere Menschen durch eine Verletzung ihre Selbstständigkeit verlieren, brauchen wir bessere Methoden zur Früherkennung der Osteoporose und zur Sturzprophylaxe", fordert Flechtenmacher.

Die Studie ist die bislang größte deutsche Analyse von Knie- und Unterschenkelverletzungen bei Männern und Frauen. "Die Ergebnisse zeigen, dass wir das Geschlecht unserer Patienten bei der Behandlung nicht mehr außer Acht lassen dürfen und an geschlechtsspezifischen Präventions-, Behandlungs- und Rehabilitationskonzepten arbeiten müssen", sagt der Bremer Orthopäde Manfred Neubert. (red, 27.10.2016)