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EU-Parlamentarier der Fraktion "Vereinigte Europäische Linke" protestieren gegen das Handesabkommen.

Foto: REUTERS/Vincent Kessler

Den Kanadiern ist der Geduldsfaden gerissen, sie haben lange genug Langmut bewiesen. Während die EU-Kommission noch in der Nacht versicherte, der gemeinsame Gipfel zum Handelsabkommen Ceta werde wie geplant am Donnerstag abgehalten, mochten sich die Nordamerikaner nach einer neuerlichen Vertagung der Verhandlungen der belgischen Regierung mit Vertretern der Regionen nicht mehr hinhalten lassen. Die innerbelgische Einigung Donnerstagmittag ändert an der Absage nichts.

Blamiert ist damit die EU, aber auch Belgien. Die EU hat den Widerstand gegen Ceta in den Ländern und Regionen von Anfang an unterschätzt und es, wie so häufig, verabsäumt, auf Kritik einzugehen und Vor- und Nachteile zu kommunizieren. Man hätte schon vor Monaten eine offene Debatte führen müssen, statt darauf zu setzen, dass am Ende doch wieder alle EU-Staaten zustimmen werden.

Um Ceta ging es aber in den vergangenen Tagen nur noch vordergründig, viel mehr waren es innerbelgische Konflikte und ein Politstreit älterer Herren, die in Brüssel ausgetragen wurden: persönliche Abneigungen zwischen Sozialisten und Liberalen mit Auswirkungen auf den ganzen Kontinent. Im zuständigen Ausschuss der Regionen hat Wallonien nichts zu Ceta unternommen, aber jetzt das große Drama mit mehrmaligen Vertagungen und der Last-Minute-Einigung zu High Noon. Der Rest Europas konnte nur erstaunt zuschauen. Wiewohl man in Österreich diese Konstellation kennt: Da haben sich einfach zwei Landeshauptleute gegen die Bundesregierung gestellt.

Ceta-Kritiker aus den Reihen der Grünen und Linken, die stets Transparenz fordern, können nicht wirklich stolz darauf sein, wie die Verhandlungen abgelaufen sind: Das war Hinterzimmer-Geheimdiplomatie – genau das, was man der EU-Kommission bei den Verhandlungen über Freihandelsabkommen vorwarf. Es ging einmal mehr um die Schiedsgerichte, die auch schon Österreich in dem Zusatztext thematisiert haben wollte, und um Zugeständnisse im Bereich Landwirtschaft. Letztendlich ging es um Geld. Man könnte das auch Erpressung nennen. Jetzt droht Belgien, das schon einmal 541 Tage bis zur Regierungsbildung brauchte, eine politische Krise.

Die EU, die nicht einmal Termine für eine Vertragsunterzeichnung einhalten kann, ist auf der Weltbühne geschwächt. Populisten aus allen EU-Ländern haben wieder einen Vorwand, gegen die EU, gegen "die in Brüssel" zu sein. Nationalistische und in dem Fall auch regionale Partikularinteressen haben sich durchgesetzt. (Alexandra Föderl-Schmid, 27.10.2016)