Alma und der Chorus sine nomine am Nationalfeiertag in der Säulenhalle des Parlaments als Teil des Projekts "Im Herzen der Demokratie".

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Wien – Am Nationalfeiertag und tags darauf am Donnerstag steht das Parlament allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Man kann die Protagonisten der Demokratie aufsuchen, auch die Präsidentin des Nationalrats. Man kann sich – die Warteschlange ist lang – am Rednerpult fotografieren lassen oder das ehemalige Teestübchen des Kaisers aufsuchen.

Der Besucherstrom wird auf dieser Reise ins Herz der Demokratie auch auf literarische und musikalische Positionen stoßen, die Regisseurin Jacqueline Kornmüller und ihre Gruppe "wenn es soweit ist" in Kooperation mit dem Parlament im Gebäudeinneren installiert haben. Autorinnen und Autoren haben Texte zum Begriff Demokratie verfasst, ähnlich den Vorgängerarbeiten der Gruppe (z. B. Ganymed boarding im Kunsthistorischen Museum 2010).

Wer gleich beim Eingang in der großen Säulenhalle sein Kreuz für die Demokratie gemacht hat, kriegt von einer Schauspielerin Artikel 1 der UN-Menschenrechtscharta zugeflüstert: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." Eine vielfach mit Füßen getretene Übereinkunft, für die einzustehen sich jeder mündige Bürger aufgerufen fühlen sollte.

Am Beginn des Theaterprojekts steht also der Imperativ, der zentral ausgegebene Aufruf zum Selberdenken und -handeln. Und er wird an vielen Stationen dieses Theaters neu aufgegriffen und wiederholt. Wer gleich rechts abbiegt, bekommt mit, wie Juli Zeh in Die Demokratie ist die Frau von Vater Staat mit Missverständnissen der Demokratie aufräumt. Ein demokratischer Staat sei etwa kein "Selbstbedienungsladen" und zuallererst auch nicht dazu da, "eigene Bedürfnisse zu befriedigen", macht Schauspielerin Ulli Maier am Sitzungstisch klar.

In Franz Schuhs Strenger Kammer der Phrasen (vulgo Historischer Sitzungssaal) schäumt die Opposition so nachhaltig wie Österreichs bestes Bier (Sona McDonald, Katharina Stemberger), und im Teesalon beklagt die Schauspielerin Katrin Grumeth mit den Worten Angelika Reitzers (Die Finsternis aufhalten) Erfindungen wie die "Notstandsverordnung". Das Parlament und mit ihm sein Dritter Nationalratspräsident müssen sich indes die Beschreibung "deutschnationaler Kornblumenträger" (Meister Eder und sein Publikum von Clemens J. Setz) unter die Nase reiben lassen, während Hofer selbst wenige Zimmer weiter Fans empfängt.

Es gehört zum unabdingbaren Instrumentarium einer Demokratie, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Insofern ist Im Herzen der Demokratie eine notwendige Stimmeninstallation zum Nationalfeiertag – zumal in populistischen Zeiten wie diesen. Neben den sachlichen Redeformen rührt Vishan Magomadov mit seiner Interpretation von Paulus Hochgatterers Ein Fröhliches Lied (nach Ralph Benatzkys Im Weißen Rössl am Wolfgangsee) ans Herz. (Margarete Affenzeller, 27.10.2016)