Niederösterreich ist im Bundesländervergleich Rekordhalter bei Park-and-ride-Anlagen (im Bild Tullnerfeld). Derzeit gibt es 37.400 Pkw-Stellplätze und 23.500 Zweirad-Parkplätze.

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St. Pölten / Wien – Die Park-and-ride-Plätze in Schwechat sind schon früh am Morgen überfüllt. "Das Problem ist: Wir könnten die Park-and-ride-Anlage ausbauen, soviel wir wollen, sie wäre trotzdem voll", sagt Vizebürgermeisterin Brigitte Krenn (Grüne), in Schwechat für Verkehrsangelegenheiten zuständig. Die Stadt liegt an der Kernzonengrenze zwischen Niederösterreich und Wien sowie an der Schnellbahnlinie 7 und ist somit für den Umstieg auf Öffis sehr attraktiv. Land und ÖBB wollten als Lösung in Schwechat ein Parkhaus errichten. Dabei müsste die Gemeinde mitzahlen – was sie aber ablehnte. "Warum sollen wir dafür bezahlen, dass wir die Region mit Parkplätzen versorgen?", begründet Krenn die Entscheidung.

Wie die Lösung in und um Schwechat auch aussehen wird: Der Bedarf an Park-and-Ride-Stellplätzen in Niederösterreich scheint enorm zu sein. Vor kurzem hieß es aus St. Pölten, die vor circa einem Jahr eröffnete Anlage beim Hauptbahnhof sei bereits in der Früh überfüllt – sie umfasst 748 Stellplätze. Stadt und ÖBB wiesen eine Parkplatznot zurück und verwiesen auf angeblich noch vorhandene Kapazitäten in der zweiten, älteren Anlage.

Ausgebaut wird jedenfalls fleißig: Niederösterreich hat im Bundesländervergleich schon lange die meisten Park-and-ride-Stellplätze. Inzwischen sind laut Landesverkehrsressort 37.400 Pkw- und 23.500 Zweirad-Stellplätze vorhanden und damit mehr als in den anderen acht Bundesländern zusammen.

Öffi-Gelder für Stellplätze

Ausgebaut wurden zuletzt etwa die Anlagen in Baden (530 Stellplätze), Korneuburg (um 100 auf 668 Stellplätze) und Bruck an der Leitha / Bruckneudorf (um 322 auf rund 570 Plätze). Weitere Projekte sind in Planung oder Umsetzung: zum Beispiel in Bad Vöslau, Gänserndorf und beim Bahnhof Tullnerfeld, aber auch kleine Park-and-ride-Anlagen mit ein paar Dutzend Stellplätzen, etwa in Kritzendorf, Raasdorf oder Platt in der Gemeinde Zellerndorf.

Wenn der niederösterreichische Verkehrslandesrat Karl Wilfing (ÖVP) sagt, dass sein Bundesland jährlich 130 Millionen Euro in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs steckt, dann inkludiert diese Summe auch das Geld, das in Park-and-ride-Anlagen fließt. Den Bau der Stellplätze finanzieren Land und ÖBB gemeinsam. Für die Pendler ist die Benutzung in der Regel kostenlos.

Ziel: 50.000 Plätze

"Unser Ziel ist, bis 2025 die Anzahl von insgesamt 50.000 Pkw-Stellplätzen an Bahnstationen zu erreichen", sagt Wilfing. Niederösterreich legte beim Ausbau der Pendlerparkplätze noch einen Zahn zu, als Wien die kostenpflichtigen Parkzonen im Jahr 2012 stark erweiterte. In der Folge finanzierte Wien einen Teil des Ausbaus von Park-and-ride-Anlagen in Niederösterreich mit. Derzeit gebe es Verhandlungen mit dem Nachbarbundesland, wie die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut werden sollen, heißt es aus Wilfings Büro. Bereits am 11. Dezember wird ein Viertelstundentakt der S3 zwischen Wien und Korneuburg Realität.

In der Bundeshauptstadt liegt die Priorität ganz klar auf dem Öffi-Ausbau: Ein Sprecher der Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) sagt, man erweitere das Park-and-ride-Angebot auch in Wien, aber man könne nicht für alle Pendler Platz in Park-and-ride-Anlagen schaffen. "Die Lösung kann nur im öffentlichen Verkehr liegen, der verbessert gehört." Vassilakous niederösterreichische Parteikollegen fordern in ihrem Bundesland ein 365-Euro-Jahres-Öffiticket wie in Wien.

Warnung vor Großanlagen

Aus verkehrsplanerischer Sicht sollten Park-and-Ride-Stellplätze "so weit in der Nähe des Wohnumfelds wie möglich sein, damit Pendler möglichst früh auf den öffentlichen Verkehr umsteigen", sagt Harald Frey, Verkehrsplaner an der Technischen Universität Wien. Große Park-and-Ride-Anlagen könnten wieder Verkehrserreger werden, warnt Frey.

Dem Verkehrsexperten zufolge müsste ein größeres Umdenken stattfinden. "Vieles ist von den Gemeinden selbst verursacht", sagt Frey. So müsse man auch die Widmungspolitik entsprechend abstimmen: Lange habe man nur nach dem Schema, dass jeder ein bis zwei Stellplätze auf seinem privaten Grundstück brauche, gelebt. Das seien "autoaffine Strukturen". "Die Gemeinden und Bürgermeister müssen sich damit auseinandersetzen, wie das Gesamtsystem aussehen soll", sagt Frey.

Er beobachte aber, dass in Niederösterreich in Bezug auf den öffentlichen Verkehr – nach, wie er sagt, "langer Vernachlässigung" – ein Umdenken stattfinde. Aber: "Hier gibt es noch enormen Aufholbedarf." (Gudrun Springer, 27.10.2016)