Straßburg/Wien – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Republik Österreich in Sachen Meinungsfreiheit verurteilt – erstmals seit drei Jahren, und erstmals nach einer Entscheidung des Medien-Fachsenats am Obersten Gerichtshof, schreibt der renommierte Medien- und Telekomrechtler Hans Peter Lehofer in seinem Blog "e-comm".

Der Anlass: "profil" berichtete 2006 über Vorerhebungen gegen den (damals schon ehemaligen) Treasury-Manager der Hypo Alpe Adria wegen dessen Veranlagungen und Transaktionen im Jahr 2004. Das Magazin aus der Verlagsgruppe News nannte den vollen Namen des Managers.

Der Manager ging gegen die Namensnennung nach dem Medienrecht vor, das Landesgericht Wien wies ihn ab, das Oberlandesgericht Wien verurteilte "profil" aber zu 3000 Euro Entschädigung. Es habe kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Nennung des Namens bestanden. Der News-Verlag wandte sich an den Obersten Gerichtshof, blitzte bei dessen Medien-Fachsenat aber ab.

Relevant, aber nicht ausreichend

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied nun am Dienstag, dass Österreich mit der Verurteilung von "Profil" und der Entschädigung die Meinungsfreiheit laut Artikel 10 Menschenrechtskonvention verletzt hat. Die Begründungen der nationalen Gerichte wären schon relevant, aber nicht ausreichend für eine solche Verurteilung und Entschädigungszahlung.

Das Gericht folgt damit seiner Linie in einem ähnlichen Fall: DER STANDARD bekam 2012 in Straßburg Recht: Er habe den Namen des Hypo-Treasurers zurecht genannt und sei zu Unrecht von Österreich dafür verurteilt worden. DER STANDARD verwies auf die Verbindungen des Falls zur Politik, was aus juristischer Sicht das öffentliche Interesse an dem Beitrag untermauerte. (red, 26.10.2016)