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Einst parlierte Bruno Kreisky in seiner Villa mit Staatsmännern wie Olof Palme und Willi Brandt (rechts). Bis heute lebt an diesem Ort die Debattenkultur des einstigen Kanzlers weiter.

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Als Assad noch willkommener Gast war: Ex-Kanzler Franz Vranitzky trat 2009 mit dem syrischen Präsidenten auf.

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Wien – Die Fotos zeigen einen gutgelaunten Mann, der mit seinen Gastgebern so manchen Grund zum Lachen findet. Im April 2009 hatte der syrische Präsident Bashar al-Assad am Rande seines offiziellen Besuchs in Österreich auch die Villa des verstorbenen Bundeskanzlers Bruno Kreisky besucht, um sich dort mit Diplomaten, Experten und anderen Interessierten auszutauschen. Damals warb Assad, dessen Truppen derzeit die Wohngebiete Ostaleppos bombardieren, für einen Dialog mit allen Parteien, um den Nahostkonflikt zu lösen.

"Das gehört zur Politik, wie sie Kreisky verstanden hat, dazu", sagt der Historiker Oliver Rathkolb, der dem Ort der Begegnung ebenso verbunden ist wie dem einstigen Hausherrn: "Er hat immer versucht, extreme Positionen zu integrieren und autoritäre Führungspersönlichkeiten aus dem Eck der Gewalt hinein in den Friedensprozess zu holen." Beim Palästinenser Yassir Arafat – einst Terrorist, später Friedensnobelpreisträger – war dies geglückt; beim Potentaten Assad hatten die Versuche von Kreiskys Erben weniger Erfolg.

"Zukunftsgerichtetes" Zentrum

Kein Museum, sondern ein "zukunftsgerichtetes" Zentrum, indem der Kreisky'sche Sinn für die Debatte weiterlebt: Genau das hatten sich Rathkolb und Kreiskys ehemalige Sekretärin Margit Schmidt in den Kopf gesetzt, als der Staatsmann im Juli 1990 verstorben war. Unmittelbar nach dem Begräbnis sprachen die beiden bei Verantwortungsträgern vor – und wurden von sozialdemokratischen Spitzenpolitikern wie Franz Vranitzky und Ferdinand Lacina erhört. Mithilfe der Republik und der mit Kreisky eng verbundenen Unternehmerfamilie Kahane konnten die Aktivisten das Domizil in der Armbrustergasse in Wien-Döbling erwerben: Das Bruno-Kreisky-Forum für internationalen Dialog war geboren.

Ein Ort, "wo Sie und ich mitdenken und mitreden können", sei aus dem Projekt geworden, sagt Generalsekretärin Gertraud Auer Borea d'Olmo 25 Jahre danach. Ein gutes Dutzend Vortragsreihen, viele mit treuem Stammpublikum, hat sich im Laufe der Zeit etabliert: Die Themenkomplexe reichen von "Europa at risk" über "Genial dagegen" bis zum "Ende der Aufklärung". Zu den einzelnen Veranstaltungen werden prominente Denker geladen. Neben dem öffentlichen Forum gibt es aber auch einen "geschützten Bereich", wo etwa Akteure aus Konfliktregionen frei und ohne Ergebnisdruck sprechen könnten.

Die Jubiläumsfeier am Montagabend findet natürlich vor Publikum statt, wobei wegen des Andrangs allerdings längst ein Anmeldestopp verhängt wurde. Interessierte können der Festrede von Altkanzler Franz Vranitzky aber per Videomitschnitt lauschen.

Wenig Interesse in der SPÖ

Trotz Feierlaune gibt es Sorgen. Zwar sponsern öffentliche Stellen und private Gönner das Programm, doch die Erhaltung des Hauses "derpacke" man kaum noch. Ein seit 25 Jahren nicht valorisierter Hilfsbetrag der Stadt Wien reiche nicht für die notwendigen Renovierungen, sagt die Generalsekretärin, "ich renne deshalb als Bettelmaus herum".

Ob sich die Politik – konkret: die SPÖ – für das dem eigenen Selbstverständnis nach parteiunabhängige, aber sozialdemokratische Forum interessiert? "In den letzten Jahren wenig", urteilt Auer Borea d'Olmo, dabei ließe sich gerade über diese Schiene Kontakt zu politisch interessierten und oft jungen Menschen außerhalb der Parteikader knüpfen. Seit dem Antritt des neuen Parteichefs und Bundeskanzlers wende sich die Sache aber offenbar zum Besseren, fügt sie an: Christian Kern war im Kreisky-Forum schon mehrmals zu Besuch. (Gerald John, 24.10.2016)