Radical Relaxation von Jorinde Voigt, der Berliner Künstlerin und Cellistin: Einzelblätter à drei Minuten Musik ergeben in Summe die Partitur eines Musistücks.

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Innsbruck – Die grüne gurkenförmige Farbfläche dürfe man ruhig als Spaß verstehen, erklärt Jorinde Voigt, Berliner Künstlerin und ausgebildete Cellistin, den Musikern des Ensembles zeitkratzer bei den Proben zur Uraufführung ihres Werks Chapter 1: Radical Relaxation. Darauf folgt die Anweisung, das Werk musikalisch humorvoll zu interpretieren.

Die Partitur, aus der zur Ausstellungseröffnung gespielt wird, ist zugleich als siebenteilige Bildserie wandfüllend im Innsbrucker Kunstraum zu sehen – inspiriert von Gustav Mahlers Lied von der Erde und versehen mit individuellen Notizen zu jedem Instrument. Partitur wird also zur Kunst und umgekehrt, wobei das radikal ungewohnte musikalische Notationssystem an die Experimente von John Cage oder Iannis Xenakis denken lässt.

Vielschichtig sind die vier ausgestellten, großformatigen Bilder Jorinde Voigts aber auch ohne Ton, besonders aus der Nähe betrachtet. Da kann man sich in den Details der grafischen Elemente und tektonischen Schichtungen verlieren und sich von Textfragment zu Linie und zu Farbfläche treiben lassen. Voigts feine, sehr präzise Papierarbeiten lassen sich als Choreografien ebenso lesen wie als Landkarten, gespickt mit schriftlichen Notizen – Horizont, Vibration, Mittelpunkt, Morgen, Jetzt, Unendlich.

Eine ganz andere visuelle Sprache sprechen Christian Marclays Partituren. Sie thematisieren aber ebenso die Übersetzung von bildender Kunst in die Musik. Im Kunstraum zeigt Marclay spielerische Remixes von Comics, Mangabildern, Graffitis oder gefundenem Filmmaterial, aus denen Notationen für seine Vokalperformances werden und die die enorme Klangenergie der comictypischen Boooooms, Twangs, oder Fwups nutzen. (Nicola Weber, 20.10.2016)