Michael Wollny und Vincent Peirani.

Foto: ACT/Joerg Steinmetz

Wollny & Peirani "Tandem" (Act)

cover: act

Das Klavier hat im deutschen Pianisten Michael Wollny einen jungen Vertreter der neuen Offenheit: Der jazzige Virtuose aus Schweinfurt (Jahrgang 1978), der sich mittlerweile auch international etabliert hat, beherrscht die stilistischen Hervorbringungen des Genres in ihrer ganzen Bandbreite. Er kann versonnene Akkordlandschaften herbeiperlen, er ist gleichzeitig aber auch imstande, rasante Linearität zu praktizieren, die einst im Bebop entdeckt und später weiterentwickelt wurde.

Michael Wollny und Vincent Peirani spielen "Hunter".
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Bei Bedarf steigert Wollny aber den Ausdruck, indem er alle harmonischen und sonstigen Grenzen überschreitet und sich im freitonalen Kosmos energisch austobt. Zudem können Popsongs Teil seines undogmatischen Repertoires sein wie auch klassische Stücke. Und natürlich komponiert der Junge auch selbst Markantes.

Der französische Akkordeonist Vincent Peirani, den Wollny 2012 im Pariser Jazzclub New Morning kennengelernt hat, ist da ein stilistischer Verwandter, der über einen markanten Klang verfügt und im melodischen Bereich elegante Ideen entwickelt. Über die erste Begegnung mit dem Duokollegen meint er: "Es war, als ob wir schon ewig zusammengespielt hätten. Keine Notwendigkeit, über die Musik zu reden. Wir brauchten uns gar nicht anschauen. Wir haben einfach gespielt und gemeinsam geatmet."

Zwiegespräche

Auf Tandem (auf Wollnys Stammlabel Act) gehen es die Freunde poetisch sanft an, vermitteln auch recht zugänglich ihre Version von Samuel Barbers Adagio for Strings. Wirklich zu sich kommen sie in spontanen Dialogszenen. In Bells etwa blitzt Wollnys rasantes Spiel auf, in Vignette vermag man dem subtilen Spiel Peiranis wie auch den spontan ausbrechenden Zwiegesprächen zu lauschen. Besonders markant in diesem Zusammenhang Travesuras: Hier betört ein Zusammenspiel, das nur durch Geistesverwandtschaft, durch quasi idente Musikreflexe möglich wird. Wie das Akkordeon von der Begleitung in den improvisatorischen Dialog eintritt, wie die beiden zwischen flinkem Schwebetanz zum Innehalten pendeln, es zeugt von sehr guten "klimatischen" Verhältnissen zwischen den Musikern. (toš, Rondo, 21.10.2016)