Wenn sich die Eltern nach der Trennung gut miteinander abstimmen, bedeutet das Leben in der sogenannten Doppelresidenz für das Kind die Chance, gleich viel Zeit mit den Bezugspersonen zu verbringen.

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Fannys Eltern haben sich vor einem Jahr getrennt und seit einiger Zeit wohnt die Siebenjährige wochenweise bei Mama oder Papa. Deshalb packt sie heute ihr Lieblingskuscheltier und das Buch, das sie gerade liest, zusätzlich in ihre Schultasche ein. Denn nach der Schule beginnt die Mama-Woche. Anfangs war das für Fanny ganz schön schwierig, aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt und genießt die Zeit mit dem jeweiligen Elternteil. Für die Eltern hat dies den Vorteil, dass beide am Leben ihrer Tochter teilhaben und den Alltag mit ihr verbringen können.

Anders ist das bei Marcel und Rene. Die beiden freuen sich schon sehr auf das Wochenende, denn dann sehen sie ihren Papa wieder. Die drei werden viel miteinander unternehmen und jede Menge Spaß haben. Jeder der beiden Buben hat beim Papa ein eigenes Zimmer.

Bei Livia wiederum ist wieder einmal alles anders als geplant. Sie wird heute bei der Oma schlafen, denn die Mama hat Nachtdienst und der Papa ist derzeit im Ausland. Immer wieder ändert sich etwas im Alltag der Eltern, so dass sie doch nicht wie ausgemacht bei Mama oder Papa schlafen kann. Sie kennt das schon und es ist trotzdem immer wieder verwirrend. Manchmal muss Livia, wenn sie in der Früh aufwacht, erst überlegen, wo sie gerade ist.

Flexible Eltern – und Kinder

Nicht immer ist es nach einer Trennung möglich, dass das Kind mit beiden Elternteilen gleich viel Zeit verbringt. Eine solche 50-50-Lösung setzt voraus, dass beide Elternteile die Möglichkeit haben, ihr Leben danach einzuteilen.

Klar ist, dass das Wohl des Kindes in jedem Fall an erster Stelle zu stehen hat. Manchmal ist es aus verschiedenen Gründen einfacher oder besser, wenn das Kind mehrheitlich bei einem Elternteil lebt und mit dem jeweils anderen Elternteil nur zu bestimmten, fix ausgemachten Zeiten zusammen ist. Denn nicht immer ist die Lösung, in zwei Haushalten zu leben, die passende Variante.

Stabiles Umfeld

Das Kind kann bei einer Trennung der Eltern nicht selbst entscheiden, wo es wohnen möchte. Es kann aber sagen, was es will und diese Wünsche sollten bei der Gestaltung des Aufenthaltes oder der Besuchsregelung berücksichtigt werden.

Die Veränderungen sind für alle Betroffenen schwierig genug, daher ist es – unabhängig von der Regelung nach der Trennung der Eltern – wichtig, dass für das Kind möglichst alles andere im Umfeld stabil bleibt, also die Schule, der Kindergarten, die Freunde nicht gewechselt werden.

Miteinander reden macht's leichter

Eltern bleiben auch nach der Trennung Eltern. Sie sind zwar kein Paar mehr, aber trotzdem die wichtigsten Bezugspersonen eines oder mehrerer Kinder. Sie sollten, was den Nachwuchs und das Leben mit den Kindern angeht, zumindest halbwegs an einem Strang ziehen.

Können oder wollen Eltern nicht miteinander reden, dann macht dies das Leben in zwei Haushalten für das Kind ungleich schwieriger. Es ist nicht zwingend notwendig, dass der jeweils andere Elternteil über jede Minute im Leben des Kindes informiert sein muss. Ist aus bestimmten Gründen keine direkte Kommunikation möglich, dann funktioniert der Austausch wichtiger Informationen über das Kind und seinen Alltag in Kindergarten und Schule manchmal nur per E-Mail.

Für das Kind ist es besonders schlimm, wenn es das Gefühl bekommt, zwischen den Eltern zu stehen, wenn es als Postbote zwischen den Elternteilen fungieren muss, wenn es erlebt, dass es über den anderen ausgehorcht wird oder dass die Eltern schlecht übereinander reden.

Trauer und Vorfreude

Ein Kind, das für die nächsten Tage von einem Wohnort zum anderen wechselt, hat oftmals gemischte Gefühle. Da ist einerseits die Traurigkeit, sich von Mama oder Papa verabschieden zu müssen und andererseits die Vorfreude, den anderen Elternteil wieder zu sehen.

Nach einem Wohnortwechsel haben die Kleinen und auch Großen manchmal viel zu erzählen. Dann ist es wichtig, da zu sein, zuzuhören, die Freuden, aber auch die Ängste und Sorgen zu teilen, Verständnis zu haben und dem Nachwuchs das Gefühl vermitteln, es ist schön, dass er wieder da ist.

Zeit zur Umgewöhnung

Wenn etwa die Geschwister Daniel, Florian und Anna nach zwei Wochen bei der Mama oder beim Papa zum jeweils anderen Elternteil wechseln, dann brauchen sie immer ein bis zwei Tage, bis sie sich wieder eingewöhnt haben. Für Eltern und Kinder ist das die anstrengendste Zeit. Obwohl sich die Kinder in beiden Haushalten wohlfühlen, gibt es Unterschiede in den Erziehungsstilen und unterschiedliche Regeln, an die sich die Kinder jedes Mal wieder erinnern und gewöhnen müssen.

Dennoch kommen alle mit der getroffenen Regelung einigermaßen gut zurecht. Mutter und Vater können gut vorausplanen, sie versuchen so gut es geht ihre geschäftlichen und privaten Termine so zu legen, dass diese in die kinderlosen Wochen fallen. Auch die Kinder wissen, wann sie bei der Mama beziehungsweise beim Papa wohnen und haben das jeweils in ihre Kalender eingetragen.

Das Modell kann gelingen

Viele Kinder kommen mit dieser Art des Lebens gut zurecht. Das bedeutet zwar immer wieder einen kleinen Umzug und die Umstellung auf die andere Umgebung, aber eben auch die Chance, beide Bezugspersonen zu sehen und gleich viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Dies verhindert somit auch die Entfremdung von einem der Elternteile.

Wenn Eltern sich ihrer Verantwortung den Kindern gegenüber bewusst sind, dann kann auch das Leben in zwei unterschiedlichen Haushalten für alle Beteiligten gut gelingen.

Ihre Erfahrungen?

Wie haben Sie den Aufenthalt Ihrer Kinder geregelt? Wie geht es Ihren Kindern mit dem Wechsel zwischen den Elternteilen? Wie haben Sie als Kind das Leben nach der Trennung Ihrer Eltern erlebt? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 21.10.2016)