Wien – Zu viel Arbeit, zu wenig Freizeit. Klagen, die man hierzulande häufig hört. Doch der Blick auf aktuell veröffentlichte Zahlen zeigt, dass in Europa durchwegs weniger Wochenarbeitsstunden geleistet werden als in den USA. Überraschend dabei, dass gerade in Westeuropa deutlich weniger gearbeitet wird als gemeinhin oft angenommen. Österreich bildet eine – positive – Ausnahme.

Durchgeführt wurde die Studie von amerikanischen (Arizona State University, McMaster University in Ontario) und europäischen (Goethe Universität Frankfurt) Ökonomen in den USA und 18 europäischen Staaten. Demnach arbeiten die Amerikaner nicht nur jeden Tag länger, sie gehen auch später in Pension und nehmen weniger Urlaub. Im Detail: Die Europäer arbeiten im Schnitt 19 Prozent weniger als ihre amerikanischen Kollegen. Auf ein Jahr gerechnet sind das 258 Stunden weniger oder, anders gesagt, Europäer starten an einem Wochentag täglich um eine knappe Stunde früher in den Feierabend. Und während Italiener 29 Prozent weniger als die Amerikaner arbeiten und das europäische Schlusslicht bilden, arbeitet niemand so viel wie die Schweizer.

Schlechte Werte für Deutschland

Mit eingeflossen sind neben Wochenarbeitszeit Parameter wie der Zeitpunkt in den Ruhestand zu gehen, die Länge des Urlaubs und die Zeiten von Arbeitslosigkeit. Die Studienautoren betonen allerdings, dass die erbrachten Arbeitsstunden nichts über den qualitativen Output sagen, noch ist ersichtlich, inwieweit Teilzeitbeschäftigte in die Erhebung miteinbezogen waren. Generell lässt sich sagen, dass in Ländern mit hoher Erwerbstätigkeitsquote die Wochenarbeitszeit (Woche ohne Feiertag) unter dem europäischen Mittel liegt und umgekehrt. Österreich schert hier aus und gehört mit Platz fünf zu den "fleißigsten" Ländern. Deutschland schneidet nach den Berechnungen der Ökonomen am fünfschlechtesten ab, weniger wird nur in Polen, Belgien, Frankreich und Italien gearbeitet. An die Spitze setzen sich nach der Schweiz Portugal, Tschechien, Dänemark und nach Österreich Griechenland. Im Mittelfeld rangieren Irland, Großbritannien, Schweden, Norwegen, Spanien, die Niederlande und Ungarn.

Die wesentlichsten Faktoren, weshalb US-Amerikaner in puncto Arbeitszeit besser als die Europäer dastehen, sind nach Meinung der Autoren eine Mischung aus niedrigen Steuern, geringeren Pensionen und schwachen Gewerkschaften und führte zu einem weiteren Ergebnis: Seit fünfzig Jahren waren in den USA nicht mehr so viele Menschen über 65 immer noch in einem Arbeitsverhältnis. (ch, 20.10.2016)