Endlich wurde Ferdinand von Schirachs Prozessdrama "Terror" auch im öffentlich-rechtlichen Auftrag gesendet.

Ein deutscher Kampfpilot hat einen Lufthansa-Airbus abgeschossen, um, wie er meint, schlimmeres Unheil abzuwenden. Jetzt wird ihm der Prozess gemacht. Schuldig? Staatsanwältin (Martina Gedeck) und Verteidiger (Lars Eidinger) ringen um Lufthoheit im Gerichtssaal.

Foto: ORF/Degeto/Julia Terjung

Nie ward Graueres gesehen als diese Berliner Prozessbühne. Nietenlöcher perforieren den Beton. Die Gesichter der Prozessteilnehmer gehören Menschen, die verdorbenen Fisch genossen haben. Hinter dem Richter und seinen Beisitzern entfaltet der Reichstag seine fahle, unwirkliche Pracht. Unwillkürlich denkt man an den Film "Der Untergang".

Wird jetzt wohl Bruno Ganz in den Zeugenstand gerufen? Wird er vor Zorn überkochen und mit greiser Zitterhand ein paar Bleistifte zerbrechen? Es geht dann sehr viel gesitteter zur Sache.

Foto: ORF/Degeto/Julia Terjung

Der Pilot, dem die Staatsanwältin Selbstherrlichkeit unterstellt, wirkt ethisch gefestigt. Auch der Herr Verteidiger kriegt sich nach gewissen Anfangsschwierigkeiten wieder ein ("Ich stehe lieber!" – Richter: "Na, wenn es der Würde des Gerichts dienlich ist!").

Foto: ORF/Degeto/Julia Terjung

Als unsichtbarer Schirmherr schlüpfte Gott Morpheus in den Saal. Er streute den Zuschauern vor den Fernsehern mit anmutiger Geste sehr viel Sand in die Augen. Doch halt: aufgewacht! Auf Inserts wurden Nummern für die Abstimmung eingeblendet.

Etwa zur Mitte des Films gab es eine sekundenlange Pinkelpause. Die Abstimmung ging mit 86,9 Prozent für den Piloten aus. Habermas'scher Verfassungspatriotismus, wie ihn die Staatsanwältin beredt vertrat, verträgt sich schlecht mit Salzbrezeln und Aktionsbier. (Ronald Pohl, 18.10.2016)

Marktanteile

Gute Quoten: 850.000 sahen "Terror" im ORF, 73.000 stimmten ab

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