Eines muss man Innenminister Wolfgang Sobotka (VP) zugestehen: Der Mann ist ein Steher. Einmal eine Meinung gefasst, lässt er sich nicht mehr von dieser abbringen. Da können dann schon einmal die Grenzen zwischen einer privaten Sicht der Dinge und einer öffentlichen Gangart verschwimmen. Bereits im Juli plädierte Sobotka für einen Abriss von Hitlers Geburtshaus in Braunau – damals noch die "Privatmeinung" des Politikers. Drei Monate später dann die ganz offizielle Ansage: "Das Hitler-Haus wird abgerissen."

Sobotka sieht den Griff zur Abrissbirne durch ein Expertengutachten gerechtfertigt. Problem dabei: Nicht ein Mal ist in dem Gutachten explizit von einem Abriss die Rede. Die illustre Runde hat nämlich deutlich klüger agiert, als es Sobotka jetzt interpretiert und kommuniziert. Was die Kommission nämlich tatsächlich empfiehlt, ist "eine tiefgreifende architektonische Umgestaltung", die den "Wiedererkennungswert und die Symbolkraft des Gebäudes dauerhaft unterbinden" soll. Also: weg vom Nimbus des Geburtshauses Hitlers. Ein neues Antlitz soll das Ende der Pilgerstätte für Ewiggestrige einläuten.

Und doch entschied man sich im Innenministerium für eine recht eigenwillige Interpretation und reiht das vollständige Schleifen eines Gebäudes unter dem Übergriff "tiefgreifende architektonische Umgestaltung" ein. Interessant auch die politische Vorgehensweise bei einem solch heiklen Thema: Bevor noch der Innenausschuss des Nationalrats sich mit der geplanten Enteignung befassen konnte – was für Dienstag geplant ist –, tat Sobotka seine Sicht der Dinge medial kund. Doch das kleine gelbe Haus mit der dunklen Geschichte ist der denkbare schlechteste Ort zur Befriedigung politischer Eitelkeiten.

Mit der nun möglichen Enteignung – ein konsequenter, wenn auch überfälliger Schritt – gilt es, nach Jahren des Stillstands die Chancen des neuen Handlungsspielraums zu erkennen und zu nutzen und nicht die Planierraupe zu starten. Geschichte lässt sich nicht einfach wegschieben, man muss auch mit den dunkelsten Kapiteln der Vergangenheit leben lernen. Denn eines bleibt: Ob nun das Haus Salzburger Vorstadt Nr. 15 "bis auf die Kellerplatte" (Sobotka) abgetragen oder entsprechend umgebaut wird – Braunau ist die Geburtsstadt Adolf Hitlers. (Markus Rohrhofer, 18.10.2016)