Rot-weiß-rote Lebensmittelerzeugung: Spitz, seit drei Generationen in Hand der Familie Scherb, versorgt Supermärkte mit täglich mehr als einer Million Produkte.

Foto: Spitz/Florian Stoellinger

Wien – Ein Parkplatz für Mitarbeiter ist für Josef Mayer Sinnbild dafür, woran es in Österreich krankt. Ein ganzes Jahr lang musste er seinetwegen, der auf einem Gewerbegebiet in drei Monaten Bauzeit entstehen sollte, verhandeln, erinnert sich der Chef von Spitz. "Ein Jahr!" Was sei das anderes als völlige Überbürokratisierung der öffentlichen Verwaltung. Diese sorge laufend für neue Vorschriften, ohne sich zugleich der alten überflüssigen Auflagen zu entledigen.

Spitz investiert jährlich Millionen Euro in die Lebensmittelproduktion in Österreich. Heuer sind es zwölf. Sie fließen unter anderem in neue Spritzgussanlagen für Sirupflaschen und moderne Tubenfüller für Senf. Parkplätze zählen da eher zu den Peanuts.

Keine Auslagerung

Der Konzern ist hierzulande mit 670 Mitarbeitern einer der größten seiner Branche. Mehr als 1.100 verschiedene Produkte basieren auf den Rezepturen der Oberösterreicher. Spitz füllt Fruchtsäfte, Spirituosen und Schaumwein ebenso ab wie Energy-Drinks, erzeugt Kuchen, Waffeln, Toast, Marmelade bis hin zu Saucen und Ketchup.

So sehr Mayer über die Mühen der Bürokratie ächzt – überdrüssig ist er Österreichs als Produktionsstandort nicht: Spitz schließt eine Auslagerung in günstigere Gefilde aus. Der Betrieb habe rund um Attnang-Puchheim viel Infrastruktur aufgebaut. Spitz besitzt eine eigene Biowärme, nennt eine Kläranlage ebenso ihr eigen wie einen Gleisanschluss. "Wir haben die Ausbildung in der Region geprägt und Lehrpläne mitgestaltet", sagt Mayer. Die Lebensmitteltechnologie, sprich der Umgang mit Rohstoffen und Maschinen, sei zum krisensicheren Beruf geworden.

60 Prozent Handelsmarken

Mittlerweile schüttelten jedoch viele Eigenlabels des Handels den faden Beigeschmack ab, nur Trittbrettfahrer und günstige Kopie zu sein. Der Handel leiste heute ähnliche Arbeit wie manch Markenartikler, sagt Mayer. Spitz selbst stehe dazu, für andere Labels und Industrieunternehmen zu erzeugen, im Gegensatz zu vielen Mitbewerber, die dies gern verheimlichten. "Klar, auch wir würden am liebsten nur Spitz produzieren. Kunden, die unsere Rechnung zahlen, sehen das aber anders. Wir müssen uns nach der Decke strecken."

Spitz machte gute Geschäfte mit Zielpunkt. Die Pleite der Handelskette schmerzte. Zur Bedrohung wurde sie nicht – zu stark wird der Umsatz gestreut. Eingang bei Rewe und Spar finden die Oberösterreicher dennoch nicht überall. Mit Sirup etwa ist Spitz im Ausland stärker vertreten als in Österreich. Beschwerden der Kunden leite er nun direkt an den Handel weiter, sagt Mayer trocken und hofft weiterhin unbeirrt auf eine Listung.

Die "irrsinnig hohe Konzentration" des Lebensmittelhandels zu beklagen, hat aus seiner Sicht keinen Sinn. "Das sind die Regeln. Damit müssen wir uns arrangieren." Das Wachstum für Spitz liege jedenfalls im Export. Knapp die Hälfte der Lebensmittel geht derzeit ins Ausland. Abnehmer finden sich in mehr als 50 Ländern.

Ritter der Kokoskuppel

Auf eigene Marken vertraut der Konzern bei Kokoskuppeln und Tortenecken. Drei Jahre ist es her, dass Spitz den Süßwarenhersteller Auer-Blaschke aus niederländischen Händen unter sein Dach holte. Spitz behielt den Standort Spillern, investiert seither in die Fertigung und sieht erste Erfolge.

Auer wie Blaschke bauten die Umsätze stark aus, zieht Mayer Bilanz. Verluste gäbe es in Spillern bei Klosterneuburg aber nach wie vor. "Wir fahren hier kein großes Kostenprogramm. Wir sehen das langfristig. Es geht nicht darum, rasch Gewinne zu machen."

Spitz steigerte den Umsatz im Geschäftsjahr 2015/2016 von 244 auf 251 Millionen Euro. Getränke steuern den Großteil bei, unter ihnen wiederum Frizzante. So zählt Spitz zu den größten österreichischen Schaumweinproduzenten. Die Sektsteuer, die wie das Thema Bürokratie, Mayer ob ihrer "völligen Unnötigkeit" grün und blau ärgert, hat Spitz elegant umschifft. Der Korken wurde zum Drehverschluss, der Flaschendruck durch mehr Frizzante reduziert. "Damit spart sich der Kunde, der keine elitäre Zielgruppe ist, die Steuer."

Beim Versuch, bei Fruchtsäften und Sirup auf PET-Verpackung zu verzichten und Glasflaschen wiederzubeleben, blieb Spitz allerdings erfolglos. "Wir haben alle Anlagen, können sie aber nicht auslasten. Die Statistik ist ernüchternd, aber: Glas kauft keiner." (Verena Kainrath, 18.10.2016)