Reproduktionsmediziner arbeiten seit etlichen Jahren daran, dass Sexualität als Vorbedingung für Fortpflanzung völlig unnötig wird. Man mag einwenden, dass es das schon seit fast vier Jahrzehnten gibt: Louise Brown, das erste Retortenbaby, wurde kürzlich 38 und ist Mutter von zwei natürlich gezeugten Kindern.

Doch seit der ersten erfolgreichen In-vitro-Fertilisation hat sich viel getan, und die Spirale des Fortschritts dreht sich immer schneller. Den jüngsten Durchbruch vermelden japanische Stammzellforscher, denen es erstmals – wenn auch nur bei Mäusen – gelang, fruchtbare Eizellen aus Bindegewebe im Labor herzustellen. Gelänge das auch bei Menschen, würden sich Frauen künftig die aufwendige Eizellentnahme zur künstlichen Befruchtung ersparen.

Doch die Forschung gewinnt nicht nur immer größere Kontrolle über die Herstellung und Kontrolle der Ei- und Samenzellen. Es wird dank der neuen Technik des Gen-Editierens zumindest theoretisch immer einfacher, in die Erbsubstanz des Embryos einzugreifen, um auf diese Weise Krankheiten zu vermeiden – und sogar "Designerbaby" mit gewünschten Eigenschaften auszustatten.

Noch ist das alles Zukunftsmusik. Aber es ist absehbar, dass diese neuen Techniken auch beim Menschen machbar werden, die dann für das Wunschkind keinen Sex mehr brauchen. Vorher sollten wir aber gründlich darüber diskutieren, ob wir das auch wirklich alles wollen. (Klaus Taschwer, 17.10.2016)