Innsbruck – Plötzlich, aus heiterem Himmel und bei voller Saalbeleuchtung setzt der Sturm ein: mit einem gewaltigen Knall, gefolgt von totalem Blackout. So mancher im Publikum zuckt zusammen. Unter Sturmgetöse, Donnergrollen und grellen Blitzen rennen die Schiffbrüchigen gegen das Meer an.
In Form einer bühnenfüllenden Halfpipe erhebt sich dieses bis in den Schnürboden. Darauf treibende Ölfässer und Glasflaschen geben den Verzweifelten Halt. Ein Live-Mitschnitt des Geschehens, in zigfacher Vergrößerung auf die Meeresoberfläche projiziert, verstärkt optisch noch das Chaos. Den Beginn ihrer Version von Shakespeares Der Sturm in der Übersetzung von Erich Fried lässt Regisseurin Susanne Schmelcher wuchtig durch das Tiroler Landestheater toben.
Ihr zur Seite steht mit Helfried Lauckner (Bühne), Markus Spatzier (Kostüme) und Viola Kramer (Musik) wieder jenes kongeniale Team, mit dem sie vergangenes Jahr höchst erfolgreich Anna Karenina inszenierte und einen Nestroy nach Tirol brachte.
Auf der Insel lässt Prospero (Andreas Wobig) mithilfe von Luftgeist Ariel (Marion Fuhs) seinen Zauberkräften freien Lauf. Prosperos Kostüm mutet steinzeitlich an, der feingliedrige Ariel hingegen ist in knappen weißen Bandagen verschnürt. Er schwebt des Öfteren feengleich durch den Raum oder wird auf einer kupferfarbenen Plattform von der Decke gelassen. Mittels fremd klingenden Singsangs dirigiert er die Elemente und das irdische Geschehen. Dem ungestümen Sklaven Caliban (Christoph Schlag) sitzt ein Riesenkrake im Nacken, den Schiffbrüchigen wurden fantasievolle Uniformen auf den Leib geschneidert.
"Mein ist dies Land"
Mithilfe der Live-Videoprojektion gelingen dichte Bilder, wobei deren technisch bedingte Asynchronität leicht irritiert. Über allem prangt der Schriftzug: "Mein ist dies Land". Damit stellt Susanne Schmelcher einen Konnex zur gegenwärtigen Flüchtlingskrise her. (Dorothea Nikolussi-Salzer, 17.10.2016)