INTERVIEWERIN: Herr Fendrich, Unterhaltungskünstlern wie Ihnen wird oft vorgeworfen, politische Stellungnahmen zu vermeiden, um es sich mit niemandem zu verderben. Trifft das zu?

FENDRICH: Wenn man sich nur ein klein wenig mit Etymologie befasst, weiß man, dass das Unsinn ist. Denn wovon kommt Unterhaltung? Von Haltung. Unterhaltungskunst ohne Haltung ist daher gar nicht möglich.

INTERVIEWERIN: Unterhaltung kommt von Haltung?

FENDRICH: Selbstverständlich. So wie Unterführung von Führung kommt oder Unterscheidung von Scheidung, kommt Unterhaltung von Haltung. Die einzige Ausnahme in dieser Wortfamilie ist Untergang. Auf den ersten Blick sieht es zwar so aus, als sei auch hier die Wurzel Gang, aber man braucht nur den Genitiv zu bilden und sieht sofort, dass das Wort indischen Ursprungs ist.

INTERVIEWERIN: Es gibt Sprachwissenschafter, die behaupten, Unterhaltung komme von Unterhalt.

FENDRICH: Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, der von der Tatsache herrührt, dass Unterhaltungskünstler häufig Unterhalt zu bezahlen haben. Es könnte also, wenn überhaupt, zwar Unterhalt durch Unterhaltung zustande kommen, niemals aber Unterhaltung durch Unterhalt. Seinen wirklichen Ursprung hat dieses Wort übrigens paradoxerweise – die wenigsten wissen das – in dem Wort Übermut. Und Übermut wiederum kommt, wie wir alle wissen, von Mut.

INTERVIEWERIN: Wie gehen Sie damit um, dass dennoch viele Menschen Ihre Musik für eine Zumutung halten?

FENDRICH: Das bestärkt mich in meinem Vorhaben, noch viele Jahre auf der Bühne zu stehen. Auch Zumutung kommt ja von Mut, und solange Mut und Haltung die tragenden Säulen meiner Arbeit sind, gibt es keinen Grund aufzuhören.

INTERVIEWERIN: Danke für das Gespräch.

(Vorhang)

(Antonio Fian, 17.10.2016)