Die "Message", die Joe Biden an Russlands Präsident Wladimir Putin schicken wollte, ist angekommen. Zumindest hat seine Drohung, eine "heimliche" Cyberattacke "zu einem Zeitpunkt unserer Wahl und unter den Umständen, die die größte Wirkung entfalten werden", gegen Russland zu starten, unheimlichen Wirbel in Moskau ausgelöst.

Als Erster reagierte Präsidentenberater Juri Uschakow, der die Äußerung an der "Grenze zur Unverschämtheit" sah und eine Reaktion versprach. Vizeaußenminister Sergej Rjabkow bezeichnete Bidens Auftritt bei NBC als "Basargeschrei", äußerte sich zugleich aber "alarmiert und besorgt", da Russland in Form eines Schreckgespensts als Karte im US-Wahlkampf ausgespielt werde.

Kreml sieht sich gerüstet

"Leider kann man von Washington die dramatischsten Entscheidungen erwarten, weil, wie die Praxis zeigt, die Beziehungen zu Russland dort ein Mittel zum Erreichen innenpolitischer Ziele sind", fügte er hinzu. Russland werde sich aber nicht schrecken lassen und sei für den Fall irgendwelcher Cyberattacken gerüstet, meinte der russische Diplomat.

Sarkastisch hingegen reagierte Putin selbst. Hatte sein Sprecher Dmitri Peskow Bidens Aussage noch als "beispiellos" kritisiert, meinte Putin, der US-Vizepräsident habe eigentlich kaum etwas Neues gesagt. "Wissen wir denn etwa nicht, dass die offiziellen US-Organe alle beobachten und belauschen? Das ist doch seit langem gut bekannt und kein Geheimnis mehr", so Putin. Das gelte nicht nur für Washingtons vermeintliche Feinde, sondern selbst für seine Verbündeten, sagte der Kreml-Chef. Neu sei nur, dass dies nun von einem ranghohen US-Politiker offen zugegeben werde.

Snowden lacht Biden aus

Belustigt reagierte auch Edward Snowden. Der NSA-Whistleblower, der das Ausmaß der US-Spionageaktivitäten bekannt gemacht hatte, twitterte, es habe Biden wohl noch niemand gesagt, was eine "Geheimoperation" sei. Wenn tatsächlich eine solche vorbereitet würde, würde sie kaum vorher ausgeplaudert, so der Experte, der Biden zudem darauf hinwies, dass in einem solchen Fall wohl nicht die CIA, sondern der für elektronische Überwachung und Spionage verantwortliche Dienst NSA zuständig sei.

Bidens Drohung ist eine Reaktion auf den Hackerangriff gegen mehrere US-Einrichtungen, dar unter den Wahlkampfstab von Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Washington macht dafür Moskau verantwortlich. Der Kreml weist die Schuld von sich. Trotzdem sind die Beziehungen aufgrund zahlreicher internationaler Krisen – von der Ukraine bis Syrien – so gespannt wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Laut Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin war das bilate rale Verhältnis zuletzt zu Zeiten des Jom-Kippur-Kriegs 1973 so schlecht. (André Ballin aus Moskau, 16.10.2016)