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Das Software-Update für die mit manipulierten Motoren herumkurvenden Autos aus dem Hause Volkswagen ist Pflicht, kann aber die Chance auf Rückgabe des Fahrzeugs mindern.

Foto: ap/Patrick Pleul

Wien – Der Diesel-Rückruf läuft auf Hochtouren – und VW-Fahrzeugbesitzern die Zeit davon, insbesondere Gebrauchtwagenkäufern. Denn wer seinen Pkw nicht bei einem der fast hundert VW-Händler gekauft hat, die einen Verjährungsverzicht abgegeben haben, für den könnte es eng werden bei Irrtumsanfechtung oder einer Klage auf Gewährleistung. Selbst der von VW-Händlern abgegebene Verjährungsverzicht kann unwirksam sein, wenn er vor Ablauf der Verjährungsfrist abgegeben wurde. Und: Er gilt generell nur bis 31. Dezember 2017.

Grundsätzlich ist Irrtumsanfechtung binnen drei Jahren ab Vertragsabschluss bzw. Kauf einbringbar. Gewährleistung gibt es bei beweglichen Sachen zwei Jahre lang ab Übergabe – es sei denn, es handelt sich um einen verdeckten Mangel. Das ist bei VW zweifellos der Fall, daher gilt die Zweijahresfrist ab Kenntnis der Abgasmanipulationen. Als Stichtag gilt dabei der 18. September 2015. An dem Tag teilte die US-Umweltbehörde EPA mit, dass VW in den Modellen der Baujahre 2008 bis 2015 (Motortype EA 189) eine Software eingebaut hat, um die Messung des Schadstoffausstoßes zu manipulieren.

Wiewohl die europäischen Behörden diese Motoren nicht beanstandet hatten: In der Folge räumte VW auch in Europa Manipulationen ein. Sie werden nach Freigabe des KBA bis Herbst 2017 nachgerüstet.

Fristen bei Irrtumsanfechtung

Für einen 2014 gekauften gebrauchten VW-Golf oder Tiguan tickt die Uhr: Denn anders als beim Betrug, bei dem dreißig Jahre lang Klage möglich ist, laufen die Fristen bei Irrtumsanfechtung (drei Jahre) und Gewährleistung (zwei Jahre) bald ab.

Die Software-Updates bringen VW-Fahrzeughalter zusätzlich in ein Dilemma. Einerseits sind diese Nachrüstungen verpflichtend, weil von dem für die Typengenehmigung zuständigen Kraftfahrtbundesamt KBA in Flensburg angeordnet. Andererseits könnte dieses Update die Rückgabe eines Fahrzeugs an Händler oder Importeur erschweren. Weil das Auto nach der Nachrüstung andere Eigenschaften haben könnte als bei Vertragsabschluss, gibt Anwalt Thomas Kainz von Legal Chambers Kainz zu bedenken.

Letzteres übrigens unabhängig davon, ob das Update erfolgreich war. Die italienische Verbraucherschutzorganisation Altroconsumo hat bei einem Audi Q5 nach der Serviceaktion einen um 25 Prozent erhöhten Stickoxidausstoß attestiert. Automobiltechniker verweisen zudem darauf, dass Stickoxid und Treibstoffverbrauch quasi kommunizierende Gefäße sind: Wird der eine Wert gesenkt, steigt der andere. Auch könnte nach dem Update die Motorleistung schwächeln, was den Wert des Fahrzeugs schmälert. Wer ein Update verweigert, muss wiederum um die Zulassung bangen. Sie kann vom KBA entzogen werden. Für inkriminierte Kfz ist die Nachrüstung Pflicht.

Dass VW bis dato keine Garantie für die positive Wirkung der Nachrüstung abgegeben hat, nervt auch die EU-Kommission. Fraglich sei, ob die Fahrzeuge über den ganzen Lebenszyklus mit der Rechtslage konform seien, gibt EU-Justizkommissarin Vera Jourová zu bedenken. VW wies Zweifel an der Wirksamkeit der Reparaturen stets zurück. Das KBA in Flensburg hätte sonst ja keine Freigabe für die Rückrufe erteilt.

Als Negativbeispiel führt Anwalt Kainz allerdings die Software-Updates an, die VW 2014 in den USA durchführte. Damals hatte die US-Umweltbehörde bereits mangelhafte Schadstofffilterung moniert und VW zu Verbesserungen vergattert. Mit mäßigem Erfolg, wie der Verlauf von "Dieselgate" zeigt. Erst im September 2015 kam das Desaster an die Öffentlichkeit, und VW muss in Europa rund elf Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten rufen. (Luise Ungerboeck, 15.10.2016)