SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar: "Ein zweiter kritischer Punkt bei Kurz' vorgelegtem Gesetzesentwurf war und ist, dass darin mit keinem Wort die Asylwerber erwähnt werden."

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Wien – Obwohl SPÖ und ÖVP nun in einer erweiterten Arbeitsgruppe das neue Integrationspaket schnüren wollen, definiert Staatssekretärin Muna Duzdar im STANDARD-Interview schon jetzt das absolute "No-Go" für die SPÖ – und zwar die Ein-Euro-Jobs, die Integrationsminister Sebastian Kurz seit Monaten für anerkannte Flüchtlinge vorsieht. "Nach seinem Gesetzesentwurf ist ja quasi ein Zwangsdienst für Arbeitslose vorgesehen", hält Duzdar ihrem Regierungspartner vor, und: "Hier werden die Flüchtlinge nur vorgeschoben." Denn eine solche Maßnahme würde – wegen des Gleichheitsgrundsatzes – "auch alle arbeitslosen Österreicher treffen, die Mindestsicherung beziehen".

STANDARD: Trotz anderslautender Ankündigung sind Sie mit dem Koalitionspartner beim Integrationspaket bisher kaum einen Zentimeter weitergekommen. Sind SPÖ und ÖVP im Wahlkampfmodus?

Duzdar: Nein. Der Hintergrund ist, dass wir kein Stückwerk vorlegen wollen, sondern ein Gesamtkonzept, für das wir mehr Zeit brauchen. Vor allem die von Sebastian Kurz vorgesehenen Ein-Euro-Jobs für anerkannte Flüchtlinge sind für die SPÖ ein No-Go.

STANDARD: Der Integrationsminister argumentiert, dass gemäß internationaler Erfahrungen in fünf Jahren noch immer ein beträchtlicher Teil der im Vorjahr Angekommenen Mindestsicherung beziehen würde. Die SPÖ will dem doch auch entgegensteuern?

Duzdar: Durchaus, aber sicher nicht mit den von Minister Kurz vorgesehenen Ein-Euro-Jobs. Denn das wäre die Einführung des deutschen Hartz-IV-Modells für Österreich. Hier werden die Flüchtlinge nur vorgeschoben, denn eine solche Maßnahme würde auch alle arbeitslosen Österreicher treffen, die Mindestsicherung beziehen. Nach dem Gesetz sind anerkannte Flüchtlinge gleich wie Staatsbürger zu behandeln – und deswegen bewerte ich Kurz' Vorhaben auch als generellen Angriff auf die arbeitenden Menschen. Nach seinem Gesetzesentwurf ist ja quasi ein Zwangsdienst für Arbeitslose vorgesehen.

STANDARD: Welche Entlohnung erachten Sie für Flüchtlinge, die die finanzielle Hilfe beziehen und sich in ihren Gemeinden nützlich machen, als angemessen?

Duzdar: Die Bürgermeister können das ja jetzt schon regeln – und daher sollen sie in Absprache mit den Ländern auch die Höhe des Entgelts festlegen. Wir unterstützen von Bundesseite die Einigung der Flüchtlingsreferenten, dass es in der Grundversorgung einen Freibetrag für Zuverdienste bis 200 Euro geben soll. Der jeweilige Stundenlohn könnte innerhalb dieser Obergrenze, also vor Ort, frei festgesetzt werden.

STANDARD: Die Fronten zwischen SPÖ und ÖVP bei den Ein-Euro-Jobs sind seit Juni bekannt – warum scheint überhaupt kein Kompromiss mehr möglich?

Duzdar: Ein zweiter kritischer Punkt bei Kurz' vorgelegtem Gesetzesentwurf war und ist, dass darin mit keinem Wort die Asylwerber erwähnt werden – obwohl es die koalitionäre Grundsatzeinigung gibt, dass es auch Maßnahmen für Menschen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit geben soll. Alle damit befassten Einrichtungen – AMS, NGOs, Experten – betonen, dass schon bei den Asylwerbern, die auf ihren Bescheid warten, mit der Integration angesetzt werden muss. Es ist nicht hinnehmbar, zuerst die Leute in ihrer Wartezeit zur Inaktivität zu verdammen und dann zu sagen, sie seien schwer vermittelbar. Sobald jemand einen positiven Bescheid bekommt, soll er aus unserer Sicht einen Deutschkurs absolviert, gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet und einen Qualifikationscheck hinter sich haben. Daher drängen wir auf das Integrationsjahr.

STANDARD: Und was ist so schwer daran, das offensive Verbreiten salafistischer Schriften zu verbieten?

Duzdar: Hier haben wir uns eindeutig angenähert, denn die salafistischen Verteilaktionen sind für uns beide hochproblematisch. Deswegen muss hier bald auch etwas passieren. Dasselbe gilt für die Deradikalisierungsarbeit, die weiter forciert werden muss. (INTERVIEW: Nina Weißensteiner, 14.10.2016)