Seit dem Mittelalter wurden Sprichwörter als Ausdrucksmittel geschätzt. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzte dann eine allgemeine Begeisterung ein. Beispielhaft dafür steht die von Johannes Agricola, einem deutschen Reformator und Vertrauten Martin Luthers, 1534 erstmals veröffentlichte Zusammenstellung von 750 Sprichwörtern.

Zeitgleich gelangte deren Visualisierung zur Hochblüte, wie Kupferstiche und Gemälde belegen. Zu den eindrucksvollsten Werken gehört ein 1559 von Pieter Bruegel dem Älteren (1525/30-1569) gemaltes, das mehr als 150 niederländische Proverbien versammelt: "Die Niederländischen Sprichwörter", ein in der Gemäldegalerie der staatlichen Museen zu Berlin verwahrtes Großformat.

Zu den identifizierten Sprichwörtern gehören bis heute bekannte ("Mit dem Kopf durch die Wand"), aber auch weniger geläufige ("Er hängt der Katze die Schelle an", etwas ausposaunen und dadurch gefährden) und längst vergessene ("Dem Mann einen blauen Mantel umhängen", ihn betrügen). Eine detaillierte Erklärung des Gemäldes gibt es hier.

Foto: Wikipedia

Pieter Brueghel der Jüngere (1564-1638), der Sohn des Älteren, entwickelte daraus später ein eigenes Sortiment: Kleinformatige Rundgemälde (Tondi), die zum Sammeln animierten, sowohl als Gruppe aber auch einzeln erworben werden konnten.

Dazu gehörte etwa eine Darstellung, die einen Mann zeigt, der auf das Spiegelbild des Mondes wischerlt. "Was auch immer ich versuche, es wird mir nie gelingen, ich pisse immer gegen den Mond" verbildlicht die Anstrengung, Unmögliches erreichen zu wollen. Von diesem Motiv sind bislang nur zwei Ausführungen bekannt.

Foto: : De Jonckheere (Paris, Brüssel)

"Die Schmeichler" titelt ein etwa um 1592 geschaffenes Tondo, das 2015 bei einer Ausstellung in Paderborn gastierte, und für das Brueghel eine Redensart aufgriff. Die Beschreibung auf dem Rahmen fällt etwas deutlicher aus: "Solange das Geld in Strömen fließt, kriecht mir jedermann in den Arsch" (OM DAT DOOR MUNEN SACK VEEL GELTS COMT GESLOPEN DAER OM WORDE ICK VAN AL DE WEERELT IN T GAT GHECROPEN).

Foto: Städtische Galerie Paderborn, J.Guttmann

Im internationalen Kunsthandel werden heutzutage hauptsächlich einzelne Tondis angeboten. Im Dorotheum (Wien) gelangte 2013 ein solches zur Auktion, das einen reichen Bauern zeigt, der Rosen (statt Perlen) vor die Säue wirft. Einem Sammler war das Thema der "Verschwendung an Unwürdige" stolze 268.700 Euro wert.

Foto: Dorotheum

Bei Hampel Auktionen (München) wechselte jüngst (April 2016) das als "Der Bauer schüttet den Brunnen zu" titulierte Bildchen den Besitzer. Diese Szene findet sich auch auf dem Gemälde Pieter Bruegel d.Ä.: "Er schüttet den Brunnen zu, nachdem das Kalb ertrunken ist" bedeutet, dass erst etwas unternommen wird oder wurde, wenn es zu spät ist.

Foto: Hampel

Nicht alle der im 16. Jahrhundert geläufigen Sprichwörter und Redewendungen lassen sich entschlüsseln, wie dieser auf einem Ei sitzende Trinker zeigt. Ob es sich um einen Narren handelt, der ein leeres Ei ausbrütet, ist noch unbekannt. Gesichert ist hingegen, dass sich dieses Motiv auch über Grafiken aus der Zeit überliefert ist. 2014 wurde dieses Werk für 120.000 Euro (exkl. Aufgeld) bei Hampel Auktionen (München) versteigert.

Foto: Hampel

Den vorläufigen Auktionsrekord hält ein Trunkenbold, der in den Schweinestall gestoßen wird. Eine moralisierende Botschaft, wonach man solche die "wie betrunkene Schweine, ihre Zeit und ihr Geld im Haus der Venus verschwenden" zu ihren Artgenossen in den Stall stoßen solle. 2013 spielte eine Variante Pieter Brueghel d. J. bei Christie’s umgerechnet rund 600.000 Euro ein. Die von seinem Vater 1557 gemalte Ur-Version wechselte 2002 hingegen für 5,2 Millionen Euro den Besitzer.

Foto: Christie's