Hat kein Problem damit, den Schuldirektoren bei der Auswahl der Lehrkräfte freie Hand zu geben: Herbert Weiß

Wien – Die Lehrergewerkschaft soll stärker in Bildungsreformen eingebunden werden, fordert der neue Chef der AHS-Lehrervertreter, Herbert Weiß von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). "Das Problem ist, dass man die Leute, die vor Ort sind und eine Ahnung haben, nicht fragt und vor vollendete Tatsachen stellt", plädiert er auch für mehr Mitsprache von Eltern- und Schülervertretung.

Wehren gegen das, was falsch ist

Den Ruf als Reformverweigerer hat die Gewerkschaft für Weiß zu Unrecht: "Gegen Dinge, die aus unserer Sicht schlecht sind, müssen wir uns wehren – das ist unsere eigentliche Aufgabe. In allen anderen Bereichen haben wir immer mitgearbeitet", betont er im APA-Gespräch.

Die Reformen der vergangenen Jahre, deren Umsetzung gut geklappt habe, seien auch immer gemeinsam mit der Gewerkschaft umgesetzt worden.

Dann zählt er allerdings auch schon jene Reformen auf, die aus seiner Sicht daneben gegangen sind, von der Modularen Oberstufe bis zum – gegen den Willen der Gewerkschaft beschlossenen – neuen Lehrerdienstrecht, bei dem er als Besoldungsreferent für die Gewerkschaft mitverhandelt hat.

Weniger kantiger Auftritt

Weiß, geboren am 3. Jänner 1961, war schon in den vergangenen sechs Jahren stellvertretender Vorsitzender der AHS-Lehrervertreter. In der Bundesleitung ist der Vater dreier Töchter und Modelleisenbahn-Fan schon seit gut zehn Jahren aktiv. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Eckehard Quin, der in den Vorstand der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gewechselt ist, seien von ihm wohl weniger kantige Formulierungen zu erwarten, durchsetzungsstark sei er aber allemal, wie er betont. "Mir wird nachgesagt, ich bin konzilianter. Aber wenn es darauf ankommt, kann ich auch einmal auf den Tisch hauen." Als stellvertretender Vorsitzender sei das allerdings bisher nicht notwendig gewesen.

Auf der Linie von Quin

Inhaltlich sei er komplett auf Quins Linie, betont Weiß: Er wehrt sich gegen ein Krankreden des österreichischen Bildungssystems durch "Medien und selbsternannte Experten": die Schulen und vor allem die AHS seien wesentlich besser als behauptet, die Schüler wesentlich zufriedener und die Leistungen besser als das etwa die PISA-Studie nahelege, die nur ganz bestimmte Fähigkeiten abfrage und etwa den kreativen Bereich völlig ignoriere.

Auch gegen das Halbtagsjob-Image der Lehrer wehrt er sich: Die Gesamtarbeitszeit der Lehrer sei vergleichsweise hoch und die Unterrichtsverpflichtung nur deshalb vergleichsweise gering, weil den Lehrern dafür viel administrative Aufgaben umgehängt würden und es kaum Supportpersonal gebe. Außerdem würden gerade an den AHS Lehrer schon jetzt vielfach den Nachmittag an der Schule verbringen, wenn sie etwa Nachmittagsbetreuung oder Wahlpflichtfächer anbieten.

Vorbehalte gegen Modellregionen

Skeptisch steht er auch den in der Bildungsreform geplanten Modellregionen für eine gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen gegenüber. "Hier wird den Betroffenen das Heft aus der Hand genommen", kritisiert er. Schon derzeit könne sich jedes Gymnasium, wo sich eine Mehrheit an Eltern und Lehrern dafür finde, in eine Neue Mittelschule umwandeln. "Weil das nicht passiert ist, versucht man das jetzt von oben herab. Das ist von Nordkorea nicht soweit entfernt", sagt er in Anspielung auf einen Sager Quins, der der Regierung die Einführung einer "Schuldiktatur a la Nordkorea" vorgeworfen hatte.

Grundsätzlich kein Problem hat Weiß mit dem von der Regierung forcierten Ausbau der Ganztagsschule. "Was mich stört ist aber, dass man auch hier den Eltern und Schülern die Wahlfreiheit nehmen will." An seiner Schule, dem Oeverseegymnasium in Graz, werde die (freiwillige) Nachmittagsbetreuung sehr gut angenommen. Die Klassen mit verschränktem Ganztagsunterricht – hier wechseln sich über den Tag Unterricht, Lern- und Freizeit ab und die Schüler müssen dementsprechend verpflichtend auch am Nachmittag anwesend sein – bekomme man hingegen nur mit Müh und Not voll.

"Bauernfängerei" durch Heinisch-Hosek

Das von Ex-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) gemachte Versprechen, dass Schüler einer Ganztagsschule ohne Schultasche nach Hause gehen können, hält er überhaupt für "Bauernfängerei".

"Man darf den Kindern und Eltern nicht vorgaukeln, sie hätten gar keine Verantwortung für die Bildung. Wenn man was weiterbringen will, muss man sich anstrengen – das ist später im Beruf so und auch in der Schule."

Stärkung der Schulleiter bei Lehrerauswahl

Kein Problem hat Weiß hingegen mit den Plänen der Regierung, Schulleitern mehr Mitsprache bei der Lehrerauswahl zu ermöglichen. Er warnt allerdings, dass Brennpunktschulen oder solche in der Peripherie sich schwertun würden, Personal zu finden. (APA, 14.10.2016)