Georg Psota/Michael Horowitz: Das weite Land der Seele. Über die Psyche in einer verrückten Welt. Residenz Verlag. 256 Seiten. 22 Euro

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Psychische Erkrankungen werden in ihrer Bedeutung ständig unterschätzt. Die Konsequenz ist eine von Experten beklagte schlechtere Versorgung und die Benachteiligung der Betroffenen. "Dieses Tabu ist völlig absurd", sagte Mittwochabend der Chefarzt der Wiener Psychosozialen Dienste, Georg Psota. Mit dem Journalisten Michael Horowitz hat er das Buch "Das weite Land der Seele" geschrieben.

Im Gegensatz zu der oft erfolgenden Verdrängung psychischer Krankheiten durch die Gesellschaft und der damit verbundenen Stigmatisierung der Leidenden handelt es sich bei diesen Erkrankungen um ein riesiges Problem. "Das ist ein Buch für jeden. Wenn ein Drittel der Österreicher irgendwann im Leben einmal psychisch krank wird und die anderen zwei Drittel irgendwelche Angehörige haben, die psychisch krank sind, dann ist dieses Buch selbstverständlich das wichtigste Buch des Jahres", schrieb der deutsche Psychiater, Theologe und Kabarettist Manfred Lütz im Vorwort zu dem Band.

Leben in Angst

Georg Psota, vom Fach her Gerontopsychiater und Nachfolger des Wiener Psychiatrie-Reformers Stephan Rudas als PSD-Chefarzt, weist in seiner Einführung auf die Absurdität der Verdrängung der psychischen Leiden bei gleichzeitigem Alleswissertum der Menschen mit einem Zitat seines Lehrers hin: "Alle haben eine Psyche, deshalb glauben alle, sie verstehen etwas davon ..." Stattdessen findet tagtäglich auch in Österreich ein für die Betroffenen schmachvolles Ignorieren ihrer Bedürfnisse statt. Man kann von der Psyche kein Röntgenbild anfertigen, aber sie ist vorhanden – mit allen ihren Stärken und Defiziten.

Das Buch bietet Basiswissen an und könnte auch als Ratgeber dienen. Die Themen reichen von der Angst bis zu Neurosen, einer Darstellung der vorhandenen Therapien und Tipps zum Gesundbleiben.

Das Bild der psychischen Erkrankungen scheint dabei derzeit relativ schnell Veränderungen zu unterliegen, die offenbar mit der gesellschaftlichen Entwicklung in einem engen Zusammenhang steht. Waren vor einigen Jahren noch die Depressionen "das" in der Öffentlichkeit wahrgenommene Problem, meinte Psota: "Vielleicht sind wir mittlerweile in einer Angstgesellschaft angekommen."

Wobei längst nicht alle psychischen Probleme gleich als Krankheiten zu bewerten sind. "Dort, wo es meine Möglichkeiten sehr einschränkt, dort hat ein psychisches Problem Krankheitswert", sagte Psota. Dann sollte der Arzt des Vertrauens aufgesucht werden. (APA, 14.10.2016)